Herr Präsident, die neue Saison hat noch nicht einmal begonnen und die 99ers gelten schon wieder als beliebtes Ziel der Kritiker. Woher kommt die viele Kritik just an Graz?
JOCHEN PILDNER-STEINBURG: Also, ich stelle mich ja gerne jeglicher Kritik. Und ja, wir haben in der Vergangenheit viele Fehler gemacht. Aber wir haben daraus gelernt. Warum manche Kommentatoren oder Experten sich aber nicht über die Situationen und Realitäten informieren, weiß ich nicht. Wir haben viel probiert, einiges ist schiefgegangen. So wie das Ausnutzen der Try-out-Regel.
Aus welchen Fehlern haben Sie denn genau gelernt?
PILDNER-STEINBURG: Wir haben uns zum Beispiel die Sinnfrage gestellt, ob es notwendig ist, so eine derartig hohe Anzahl an Ausländern zu engagieren. Wir reduzieren, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der Entwicklung der jungen Spieler, unseren Ausländeranteil dauerhaft. Wir wollen, und das haben wir auch mit den Trainern besprochen, den eigenen Spielern die Chance geben. Jetzt haben wir 15 Österreicher – und es gibt ja vielleicht noch eine Überraschung am Transfermarkt.
Was hat das Setzen auf die Österreicher für Folgen?
PILDNER-STEINBURG: Es hat natürlich auch finanziell positive Konsequenzen, und auf Dauer sind Österreicher sicher attraktiver für das Grazer Publikum. Und es ist auch besser für das österreichische Eishockey.
Und das liegt Ihnen wirklich am Herzen?
PILDNER-STEINBURG: Ich habe nicht immer so gedacht. Ich habe früher auch gesagt: ,Was interessiert mich das österreichische Eishockey? Hauptsache wir als Verein schaffen einen schnellen Meistertitel und uns geht es gut.‘ Ich habe aber gelernt, dass das nicht die richtige Denkweise ist. Wenn wir kein starkes österreichisches Eishockey haben, können wir als Vereine dauerhaft nicht überleben.
Einerseits ist das Bekenntnis zu jungen Österreichern mutig. Andererseits sagen Sie, dass alles andere als das Erreichen des Play-offs traurig wäre. Ein ernsthaftes Ziel? Oder ist das Zweckoptimismus?
PILDNER-STEINBURG: Nein, es ist kein Zweckoptimismus. Ich denke, dass es mit dieser Mannschaft, wenn die Dinge passen, möglich sein muss, im Kampf um die Play-offs dabei zu sein.
Woher dieser Optimismus?
PILDNER-STEINBURG: Wir hatten in der Vergangenheit viele Handicaps, die auch im physischen Bereich gelegen sind. Die Mannschaft ist da jetzt wesentlich stärker. Aber grundsätzlich gilt, dass alle anderen Mannschaften die gleichen Chancen haben, ich denke, es wird sehr ausgeglichen.
Versprechen Sie sich von mehr Steirern im Kader, dass sich das auch bei den Fans niederschlägt?
PILDNER-STEINBURG: Man kann sich nicht erwarten, dass die Jungen gleich die absoluten Reißer sind. Aber ich denke, dass sie sich zunehmend in die Mannschaft hineinspielen und ja, als Steirer Zugpferde sein werden, bei denen eine gewisse Nähe da ist. Es ist gut, wenn nicht jedes Jahr 15 neue Spieler kommen, an die man sich gewöhnen muss, sondern wenn Spieler da sind, mit denen man sich identifizieren kann.
Was erwarten Sie sich in den ersten Spielen von der neuen Mannschaft?
PILDNER-STEINBURG: Das Wesentliche ist, dass attraktiv gespielt wird, dass bis zur letzten Sekunde gekämpft wird. Damit wir nicht Spiele in den letzten zwei Minuten verlieren.
Was heißt: Attraktiv gespielt?
PILDNER-STEINBURG: Unter einem attraktiven Spiel verstehe ich auch einen gewissen Kampf und eine gewisse Härte – so es die Schiedsrichter zulassen.
Und dann gibt es noch die neue Halle. Was bringt die?
PILDNER-STEINBURG: Ja – und die wird jetzt auch internationalen Ansprüchen gerecht. Es ist jetzt auch ein Komfort da, der früher nicht gegeben war. Es war nicht für alle ein Vergnügen, in die Halle zu gehen – jetzt wird es das sein. Und natürlich haben wir auch einen VIP-Klub, den wir besser verkauft haben.
Sie sind immer auch ein Kritiker des Systems. Welche drei Änderungen würden Sie in der Liga schnell durchführen?
PILDNER-STEINBURG: Ich wäre für die Abschaffung der Punkteregel. Die hat einmal ihren Sinn gehabt, aber das hat sich überlebt. Ich bin für die Gleichstellung der Spieler aus den teilnehmenden Staaten der Liga – warum soll ein Slowene in einer Liga, die mit Österreich spielt, als Ausländer gelten? Und alle Gegebenheiten für alle Vereine müssen gleich sein, damit eine wirtschaftliche Gleichstellung gegeben ist.