Eine Nationalmannschaft vertritt nicht nur Österreichs Farben bei internationalen Wettkämpfen. Sie gilt auch als Aushängeschild für die jeweilige Sportart. Im Eishockey wird zwischen Verband (ÖEHV) und Liga (EBEL) gerne harmonische Einigkeit demonstriert wird. Oft reichen die viel zitierten Kleinigkeiten, die jedoch Gegenteiliges beweisen. Dass die Termine des österreichischen Nationalteams den heimischen Erstliga-Klubs ein Dorn im Auge sind, offenbart sich zum bevorstehenden Österreich-Cup in Graz.
Trotz hochkarätiger Gradmesser (mit A-Niveau-Gegner Slowakei, Norwegen und Frankreich) muss Teamchef Roger Bader für das internationale Turnier die Absagen von nicht weniger als acht Leistungsträgern notieren. Darunter einige, die vergangenes Wochenende jedoch bei ihren Arbeitgebern noch im Einsatz gewesen sind. Der Schweizer übt sich in gewohnt diplomatischer Manier: „Es schmerzt mich nicht persönlich, aber ich finde es schade“, kommentiert er sichtlich geknickt. Wobei Bader ausdrücklich betont, dass er nicht davon ausgehe, dass jemand absichtlich schwänze: „Es ist eine Ansammlung von Pech. Ich habe mich teilweise mit den Klub-Ärzten unterhalten. Jeder Spieler hat eine plausible Entschuldigung.“
Andererseits ist die Situation durchaus nachvollziehbar. Die Liga biegt in die entscheidende Phase (Play-off) ein. Ungern setzen die Klubs daher ihre angeschlagenen heimischen Cracks bei einem freundschaftlichen Turnier einem zusätzlichen Gesundheitsrisiko aus.
Kein Selbstmitleid
Der 52-Jährige versinkt aber vor dem straffen Programm in Graz keineswegs in Selbstmitleid. Im Gegenteil. Nachträglich Einberufenen schanzt er unvermutete Chancen zu, sich erneut in die Auslage zu spielen. Als Beispiel nennt er Martin Ulmer. 2011 kehrte der Vorarlberger in die Schweiz zurück und zeigt sich seit über zwei Jahren beim Zweitligisten Olten torgefährlich. „Er stach bereits 2005/06 bei der U18-WM hervor. Damals war ich noch Schweiz-Trainer“, erzählt Bader.
Ulmer avancierte in Miskolc zum besten Österreicher mit neun Scorerpunkten. „Er spielte herausragend“, schwärmt der Teamchef und verrät seine Intention: „Manchmal werden Spieler wie er später neu entdeckt und ein ernstes Thema für Team-Einsätze.“ Für alle übrigen Einberufenen sieht Bader ebenfalls eine Chance, die ihnen bei den Heimat-Klubs nicht immer gewährt wird. „Sie erhalten Eiszeit und viel Verantwortung. Alle sollen mit einer guten Form das Camp verlassen. Somit profitieren auch die EBEL-Klubs davon“, erinnert Bader, der für den Österreich-Cup den KAC-Stürmer Thomas Hundertpfund zum Kapitän ernannt hat. Der Klagenfurter tragt zum ersten Mal als Profi das "C".
Drei Fragezeichen
Doch er weiß, dass die B-WM in Kiew (ab 22. April) schon ihre Schatten vorauswirft. Bader bemüht sich redlich um die rot-weiß-roten NHL-Profis. Mit Michael Grabner (New York Rangers) und Michael Raffl (Philadelphia Flyers) liegen derzeit allerdings beide Villacher auf Play-off-Kurs. Ungewissheit herrscht bei Thomas Vanek. Sollte sich bei den Detroit Red Wings ein Ende der Rekordserie abzeichnen (seit 25 Saisonen stets im Play-off), kommt auf den Grazer womöglich ein Teamwechsel (Trade) zu. Ihre etwaige Unterstützung wäre aber nicht nur aus sportlicher Sicht ein Gewinn. Profitieren würde auch das Ansehen des heimischen Eishockeys.