Die letzte Woche haben Sie beim KAC mittrainiert. Wie hat es Ihnen gefallen?
MARCO ROSSI: Ich bin extrem dankbar, dass ich mittrainieren durfte. Es hat mir ausgezeichnet gefallen, da ich ansonsten immer in Zürich trainiere, da tut eine Abwechslung richtig gut. Auf andere Gedanken kommen, andere Philosophie und andere Einheiten kennenlernen, es hat mir großen Spaß bereitet.
Wie ist Ihr Eindruck von der Mannschaft?
Sehr gut. Es gefällt mir, dass jetzt so viele Österreicher dabei sind. Es ist ein gutes Vorzeigemodell für die anderen Klubs in Österreich.
Sie kommen jedes Jahr nach Kärnten. Wer oder was ist Ihr Bezug zum südlichsten Bundesland?
Mein bester Freund, David Maier, spielt hier. Wir sind seit einigen Jahren eng in Kontakt, daher komme ich immer wieder gerne her.
In der NHL ist die erste Runde vorbei. Gab es für Sie Überraschungen und wer ist Ihr Favorit?
Der Favorit ist immer schwierig. Vor dem Play-off dachte ich, dass Washington weit kommen wird, nun sind sie schon überraschend gegen die Islanders ausgeschieden. Den Titel holt sicher ein Überraschungsteam, das ist das Geile an der NHL.
Michael Raffl und die Flyers stehen im Viertelfinale. Geben Sie Philadelphia eine Titelchance?
Sie haben ab Mitte der Saison extrem stark gespielt, waren eines der besten Teams. Ihnen traue ich auf alle Fälle noch einiges zu, sie könnten noch recht weit kommen.
Für Sie rückt die NHL auch immer näher. Zuerst kommt aber der Draft am 9. Oktober, der online stattfinden wird. Mit wem werden Sie den Draft zu Hause verbringen?
Auf jedem Fall werden die Familie und Freunde bei mir sein. Ich will einfach den Moment genießen, weil es wird meine Zukunft sein. Mal schauen, wohin meine Reise gehen wird.
Von welchen Teams haben Sie bisher ein Shirt oder Kappe zugeschickt bekommen?
Von keinem Team, da dies in der NHL nicht erlaubt ist. Es läuft anders als beim NFL-Draft, da wissen die Spieler schon davor, welcher Klub sie ziehen wird.
Mit welchen Klubs haben Sie in den letzten Wochen viel Kontakt gehabt?
Die Gespräche haben ab Mitte März begonnen, ich hatte mit jeder NHL-Mannschaft zumindest zwei Mal Kontakt. Im Juli war es dann richtig intensiv, vor allem mit jenen zehn Teams, die zuerst bei der Ziehung an der Reihe sind. Extrem viel wollten Ottawa, Detroit, Los Angeles, Anaheim, New Jersey und Buffalo von mir wissen.
Zu Buffalo gäbe es den Bezug mit Ex-VEU-Trainer Ralph Krueger?
Ja, das wäre sicher lustig, da ja mein Papa unter Ralph bei VEU Feldkirch gespielt hat.
Konnten Sie eine Tendenz bei einem Team erkennen?
Die Gespräche haben nicht viel zu bedeuten. Teams haben schon Spieler genommen, mit denen Sie fast keine Gespräche geführt haben oder diese Gespräche überhaupt nicht gepasst haben.
Würden Sie gerne in Ottawa, da haben Sie zwei Jahre für die 67’s gespielt, bleiben?
Wenn es passiert, wäre es sicher cool. Ich kenne die ganze Stadt, da hätte ich Heimvorteil. Wenn es aber ein anderes Team wird, ist es auch super, da würde ich etwas Neues kennenlernen.
Was wollten die Teams von Ihnen wissen?
Es sind zum Großteil sehr mühsame Gespräche, die über eineinhalb Stunden dauern. Sie wollen alles von einem wissen. Wo und wie du aufgewachsen bist, wie du durch gute und schlechte Zeiten gekommen bist. Wie du als Person bist, wer deine Freunde sind. Sie wollen jedes kleinste Details aus dir herauskitzeln.
Wie unterscheiden sich die Fragen der Teams?
Im Großen und Ganzen sind sie sehr ähnlich. Es gibt die Teams, die Fragen spezifisch mehr über das Eishockey, andere quetschen dich nur über deine Persönlichkeit aus. Ich muss mich als Person komplett offenlegen.
Wie schaut Ihr Plan bis zum 9. Oktober aus?
Mit meinem Management, Trainern und meinem Vater haben wir entschieden, dass ich bis 9. Oktober keine Spiele bestreiten werde. Ich trainiere ausschließlich bis dahin beim ZSC Zürich. Am 9. Oktober wird meine neue Mannschaft mir sagen, wie es weitergehen wird. Danach will ich auf alle Fälle bald wieder spielen.
Sie waren in der abgelaufenen Junior-League in Kanada einer der auffälligsten Spieler. Was hat sich für Sie abseits der Eisfläche geändert?
Mehr Interviews (lacht)! Nein, die Aufmerksamkeit an meiner Person ist immer größer geworden, der Hype hat zugenommen. Für mich persönlich ändert sich nix, ich will einfach jeden Tag besser werden.
Ist es lästig für Sie oder gehört es zum Job dazu?
Ich hab es relativ früh gelernt, dass es zu meinem Job dazugehört.
Viele heimische Jugendliche träumen von der NHL. Was können Sie diesen mitgeben?
Schon als kleines Kind muss man viele Opfer bringen, alles immer dem Training unterordnen. Ab meinem 13. Lebensjahr bin ich jeden Tag um 6 Uhr in der Früh aufgestanden, dann in die Schule und später nach Zürich zum Training gefahren. Daheim war ich erst immer spät am Abend. Oft hätte ich gerne mit meinen Freunden etwas anderes unternommen, aber mir war klar, wenn ich Profi werden will, geht es nicht anders.
Da muss aber auch die Familie dahinterstehen, oder?
Ja, ansonsten geht nix. Meine Eltern haben mich extrem unterstützt. Wir sind auch durch schwere Zeiten gegangen, als mein Vater seinen Job verloren hat. Ich bin ihnen extrem dankbar, ohne sie wäre es nicht möglich gewesen.
Woran haben Sie in den letzten Monaten hauptsächlich gearbeitet?
Vor allem am Speed. Ich versuche, noch schneller zu werden. Ich weiß, dass der Unterschied von der Junior-League in die NHL die Geschwindigkeit ist. Die ersten drei Schritte und die Endgeschwindigkeit, da sind wir seit Mitte März dran und ich habe unglaubliche Fortschritte gemacht. Ich bin jetzt 20 Stufen voraus.
Mit wem haben Sie daran gefeilt?
Im Fitnessstudio mit meinem Personalcoach Max Cavada und auf dem Eis mit Rob Schremp und Chris Harand. Da haben wir extrem viel herausgeholt, deswegen sehe ich die Coronakrise positiv, denn ansonsten hätte ich nie die Zeit dafür gehabt.
Was machen Sie sonst gerne?
Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie und Freunden. So einen Sommer werde ich wohl so schnell nicht mehr haben in Österreich, daher genieße ich es in vollen Zügen.
Mario Kleinberger