Sie hatten nach Ihrer überraschenden Rücktrittserklärung beim ORF-Interview Tränen in den Augen. Waren es Tränen der Freude oder der Trauer?
Harald Rodlauer: Von beidem ein bisschen. Ich bin schon sehr stolz auf das, was wir in dieser Saison geleistet haben. Mehr geht eigentlich nicht. Wir haben den Einzelweltcup und den Nationencup gewonnen und waren mit zwei Silbermedaillen das beste ÖSV-Team bei der WM in Planica.
Und trotzdem legen Sie jetzt Ihr Amt zurück?
Ich habe die letzten fünf Jahre Revue passieren lassen. Wir waren mit unterschiedlichen Athletinnen extrem stark unterwegs und hatten im Betreuerstab immer wieder Wechsel. Das zeigt die Stabilität meiner Arbeit und dass mein Weg der richtige war. Ich war im Team die einzige Konstante und der Erfolg auch. Der ist nicht durch andere Betreuer gekommen. Es ist immer daran gelegen, wie ich es gemacht habe und das Team geführt habe. Das nehme ich mir in meiner Bilanz heraus.
Das sind sehr ungewohnte Worte aus Ihrem Mund, waren Sie doch stets darauf bedacht, die Leistung des gesamten Teams in den Vordergrund zu rücken.
Ich habe immer herausgekehrt, dass es eine Teamleistung ist und mich selbst zurückgehalten. Aber nochmals: Im Gegensatz zu vielen anderen war ich stets da und deshalb werte ich die Gesamtweltcupsiege, die Nationencupsiege, die vielen Weltcupsiege und Medaillen als meinen Erfolg.
Es ist nicht überhörbar, dass da eine gewisse Verbitterung mitklingt.
Das Ganze bewegt mich natürlich noch. Aber was soll ich mit dieser Mannschaft noch mehr erreichen? Ich kann nächstes Jahr nicht drei Kugeln gewinnen, denn es gibt nur zwei. Es ist der bestmögliche Zeitpunkt zum Gehen.
Trotzdem, in der Vergangenheit herrschte immer wieder Unruhe im Team. Wie etwa bei Olympia in Peking, als Sie coronabedingt nicht mitreisen konnten und über die Arbeitsweise Ihres "Co" Thomas Diethart erbost waren. Oder zuletzt bei der WM in Planica, als Eva Pinkelnig Hals über Kopf abgereist ist. Haben auch interne Streitigkeiten zu Ihrer Rücktrittsentscheidung beigetragen?
Diese Vorfälle sind nicht maßgeblich, das ist schon lange her. Nein, das Positive überwiegt. Ich habe meinen Schlussstrich gezogen und bin mit meiner Bilanz zufrieden. Jetzt, wo ich aufhöre, wird mir bewusst, was ich geleistet habe.
Rückblickend: Was waren in den vergangenen Jahren Ihre schönsten und negativsten Erlebnisse?
Toll war sicher der WM-Titel mit der Mannschaft 2021 in Oberstdorf, weil da das ganze Team die Leistung umsetzen konnte. Aber ich erinnere mich grundsätzlich lieber an das Positive, das Negative ist nicht so wichtig. Vielleicht hätte ich gewisse Dinge anders machen können, aber irgendwann ist man in einem Rad drinnen, das sich immer weiterdreht.
Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus?
Ich habe noch keine Konkreten. Ich habe in den vergangenen Jahren so viel für den Job gegeben, jetzt werde ich meine Zeit erstmal meiner Familie widmen. Ich habe aber nicht aufgehört, weil ich etwa ein anderes Angebot gehabt hätte. Dem Skispringen will ich aber treu bleiben und ich kann mir auch vorstellen, eine Mannschaft wieder aufzubauen.
Würde es Sie jetzt reizen, eine Männer-Mannschaft zu trainieren?
Das spielt keine Rolle. Wenn ich etwas mache, dann aus vollster Überzeugung.
Können Sie sich auch wieder einen Job beim ÖSV vorstellen?
Nein, das Thema ÖSV ist für mich abgeschlossen. Ich hatte einen unbefristeten Vertrag – den habe ich gekündigt.