Bisher waren es WM-Teilnehmer gewohnt, nach dem Ausscheiden – oder im Idealfall nach dem Titel – direkt in den Urlaub zu reisen. Heuer ist das anders. Eine erstmals im Winter ausgetragene Weltmeisterschaft sorgt für verschobene Terminkalender in Europas Top-Ligen. Die Fans bekommen so viel Fußball innerhalb kurzer Zeit wie noch nie.
Kaum ein Erbarmen, was die Belastung ihrer Spieler anbelangt, kennt wie gewohnt die Premier League. Auf der Insel steht schon heute die nächste Runde an (live auf Sky). Gerade einmal sieben Tage nach dem Finale in Katar. Zuvor fand sogar schon die vierte Runde des EFL-Cups, dem zweiten Pokalbewerb nach dem FA Cup, statt. Katar-Teilnehmer wie Marcus Rashford oder Bruno Fernandes für Manchester United, Rodrigo und Nathan Ake für City sowie Jordan Henderson und Darwin Nunez für Liverpool standen bereits wieder auf dem Feld. Die Show muss schließlich weitergehen.
Weihnachtszeit in England ohne Fußball ist auch aus wirtschaftlichen Gründen undenkbar. Der Boxing Day, der Stefanitag, ist so etwas wie das Hochamt des Fußballgeschäfts geworden. Nicht nur in England, sondern weltweit. In knapp 200 Länder hat die Liga ihre Übertragungsrechte verkauft. Ob man die beste Liga der Welt ist, ist jedes Jahr spätestens ab den K.o.-Spielen der Champions League Teil von Diskussionen. Die reichste ist man nicht zuletzt auch aufgrund des Boxing Day bzw. dem Fehlen einer Winterpause in jedem Fall. Was Zuschauer und Liga freut, kann Spieler an die Belastungsgrenzen bringen. Schon im Vorfeld der WM hat die Spielergewerkschaft FifPro gewarnt, dass das Verletzungsrisiko zunehmen wird. Mit dem Boxsport hat dieser Tag allerdings nichts zu tun. Traditionell haben die Angestellten reicher Briten am zweiten Weihnachtsfeiertag ihre Geschenke bekommen.
Die Weltmeister kommen
Mit Emiliano Martínez (Aston Villa), Cristian Romero (Tottenham) und Alexis Mac Allister (Brighton) steigen die Vereine von drei Weltmeistern schon heute wieder ins Geschehen ein. Fraglich, welche Rolle das Trio spielen wird. Neben der Belastungssteuerung müssen die Trainer auch die wohl nicht viel minder anstrengenden Titelfeiern in Buenos Aires miteinkalkulieren. Diese fallen zumindest bei Hugo Lloris (Tottenham) weg. Die Spieler sollten sich bereits wieder auf ihren Rückwegen nach England befinden. "Er feiert in Buenos Aires und ich verstehe das. Er muss aber auch akzeptieren, dass für uns am Dienstag die Premier League weitergeht", ließ Manchester-United-Trainer Erik ten Haag seinem Weltmeister Lisandro Martínez kürzlich über die Medien ausrichten. Manchester City kann am Mittwoch auf einen voll ausgeruhten Erling Haaland bauen, der den Auftakt als leidvoller WM-Zuschauer wohl kaum noch erwarten kann.
Ähnlich eng sind die Spiele in Frankreich getaktet. Die Ligue 1 (live auf Dazn) beendet ihre Pause am 28. Dezember. Lionel Messi (PSG) könnte damit daheim gegen Straßburg zum ersten Mal ein Spiel als Weltmeister bestreiten. Gemeinsam mit Klubkollege Kylian Mbappé, der wohl um einiges ausgeruhter zu seiner Mannschaft stoßen wird.
Ebenfalls am 28. Dezember geht es auch in Portugal (Dazn) weiter. Mit Spanien (Dazn) gibt es noch eine europäische Top-Liga, die noch im Jahr 2022 spielen lässt. Die kommende Runde findet von 29. bis 31. statt. Im neuen Jahr folgen Serie A in Italien sowie die Eredivisie in den Niederlanden.
Im Vergleich überraschend üppig fällt die Nach-WM-Pause in Deutschland aus. Den Spielern bleibt damit tatsächlich Zeit für Urlaub und Erholung. "Erst" am 20. Jänner und damit mehr als einen Monat nach dem Finale nimmt die Bundesliga wieder Fahrt auf. In Österreich beginnt der Spielbetrieb mit dem Viertelfinale des ÖFB-Cups Anfang Feber.