Aus der Nationalmannschaft ist Hakim Ziyech eigentlich schon zurückgetreten. Der beste Spieler des Landes stand nicht im Kader Marokkos für den Afrika-Cup. Der damalige Teamchef Vahid Halilhodic sah den Starspieler als störenden Einfluss in der Mannschaft, der die Atmosphäre verderben könne. Zudem habe sich der Spieler vom FC Chelsea in den Reihen der Nationalmannschaft nicht immer von seiner diszipliniertesten Seite gezeigt. "Im Moment ist es nicht wirklich wichtig, und es ist mir ehrlich gesagt auch egal", wurde ein verärgerter Ziyech damals zitiert. Beim Afrika Cup schied Marokko im Viertelfinale aus. Kurz nach dem Turnier erklärte er, nicht mehr für sein Land spielen zu wollen.

Bis Walid Regragui kam. Der Nachfolger von Halilhodic, der noch die Qualifikation für Katar schaffte und erst vor drei Monaten seinen Posten räumen musste, setzte auf den Dialog und holte den Starspieler zurück. Dabei soll auch der Druck der Bevölkerung, die immer auf der Seite des Edeltechnikers stand, eine Rolle gespielt haben. Der Plan ging auf. Der gebürtige Niederländer zeigte in bisher vier Spielen starke Leistungen und gilt als Schlüsselfigur des Erfolgs der Marokkaner. "Hakim ist nicht irgendein Spieler", rechtfertigte der Teamchef eine gewisse Sonderbehandlung. Laut Beobachtern sei die Mannschaft durch Regragui und nach der Rückholaktion wieder zu einer Familie geworden. 

Bisher ist es aber die Defensive, die die letzte verbleibende afrikanische Mannschaft im Turnier gehalten hat. Die Spieler sind sich nicht zu schade, den Beton anzurühren, stehen hinten konsequent und lassen nur wenig Chancen zu. Selbst die spielstarken Spanier taten sich enorm schwer. In den vier Spielen in Katar hat man erst ein Gegentor bekommen. Und selbst das hatte man sich – beim 2:1-Sieg gegen Kanada – selbst geschossen. Damit hat kein Spieler eines Gegners Tormann Bono überwinden können. Auch nicht im Elfmeterschießen im Viertelfinale, wo alle drei Spanier am umjubelten Schlussmann des FC Sevilla scheiterten.

"Wir haben schon Großes erreicht, aber wir möchten noch weiter. Wir suchen nicht nach Ausreden, wir sind hier auf einer Mission", sagt Regragui, der als Spieler hauptsächlich in seinem Geburtsland Frankreich tätig war und 91 Spiele in der Ligue 1 absolvierte. Dass man Außenseiter ist, spiele heute keine Rolle. Das sei man auch schon gegen Belgien und Spanien gewesen.

Ein Fragezeichen steht hinter dem Fitnesszustand der Mannschaft. Die intensiven 120 Minuten im Achtelfinale haben Spuren hinterlassen. "Wir werden es nicht verheimlichen, wir sind müde", redet Regragui nicht viel herum. Dafür kann man heute auf einen kleinen Heimvorteil setzen. Nicht nur Afrika, auch der asiatische Raum steht geschlossen hinter den "Atlas-Löwen".