Mitfavorit Spanien hat sich ins Achtelfinale der Fußball-WM in Katar gezittert. Die Spanier gaben am Donnerstag im abschließenden Gruppenspiel gegen Japan eine 1:0-Pausenführung aus der Hand und verloren 1:2. Die Japaner schnappten sich damit nicht nur das Ticket für die K.o.-Phase, sondern sensationell auch den Gruppensieg. Im Achtelfinale wartet auf sie nun Vize-Weltmeister Kroatien. Die Spanier bekommen es mit dem Überraschungsteam Marokko zu tun, Deutschland muss nach dem 4:2 gegen Costa Rica die Heimreise antreten.
Japan schaffte es zum ersten Mal bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften ins Achtelfinale. Die Asiaten präsentierten sich vor 44.851 Zuschauern im Khalifa International Stadium in Al Rayyan nach der Pause wie ausgewechselt. Tore von Ritsu Doan (48.) und Ao Tanaka (51.) drehten die Partie. Alvaro Morata hatte die Spanier mit seinem dritten WM-Tor in Führung gebracht (11.).
Spaniens Teamchef Luis Enrique stellte seine Startelf mit dem Gruppensieg vor Augen an fünf Positionen um. Mit Cesar Azpilicueta, Pau Torres und Alejandro Balde waren drei Viertel der Viererabwehr neu. Das Mittelfeld-Prunkstück mit Gavi, dem gelbgefährdeten Kapitän Sergio Busquets und Pedri blieb bestehen. Vorne kam Mittelstürmer Morata nach zwei "Joker"-Toren gegen Costa Rica (7:0) und Deutschland (1:1) ebenso ins Team wie Youngster Nico Williams.
Die Japaner rotierten erneut kräftig. Fünf Änderungen waren es gegenüber dem enttäuschenden 0:1 gegen Costa Rica, für das Teamchef Hajime Moriyasu nach zahlreichen Umstellungen die Schuld auf sich genommen hatte. Zu seiner Erfolgsformation vom 2:1-Auftaktsieg gegen Deutschland kehrte der Coach aber nicht zurück. Moriyasu setzte unter anderem den im Turnierverlauf bisher starken Mittelfeldmann Wataru Endo, Kapitän beim VfB Stuttgart, auf die Ersatzbank.
Bis auf einen Abschlussversuch von Junya Ito ins Außennetz nach Busquets-Fehler (8.) hatten die Japaner vor der Pause wenig zu bieten. Die Spanier diktierten das Spielgeschehen, hatten in der ersten Hälfte mehr als 80 Prozent Ballbesitz und spielten nicht weniger als 550 Pässe. Einer davon - eine Flanke von Chelsea-Kapitän Azpilicueta - landete präzise auf dem Kopf von Morata, der sich nicht zweimal bitten ließ. Der Atletico-Madrid-Stürmer erzielte im 60. Länderspiel sein 30. Tor, sein drittes bei dieser WM. Der 30-Jährige hat damit als erst zweiter Spanier nach Telmo Zarra 1950 in den ersten drei Spielen einer WM getroffen.
Japanischer Doppelschlag binnen dreier Minuten
Morata prüfte noch einmal Japans Schlussmann Shuichi Gonda (23.), ansonsten münzten die Spanier ihre klare Überlegenheit nicht in Torchancen um. Das rächte sich nach der Pause, als sich die Japaner für ihr nun deutlich aggressiveres Pressing belohnten. Spaniens Torhüter Unai Simon wurde zu einem schlechten Abspiel gezwungen, das einen Ballverlust von Balde nach sich zog. Doan traf wie schon gegen Deutschland nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung. Der Schuss des Freiburg-Legionärs wäre für Simon allerdings haltbar gewesen.
Dem nicht genug: Die Japaner legten nach. Tanaka wuchtete den Ball aus kurzer Distanz ins Tor. Der Ball schien beim Zuspiel von Kaoru Mitoma von hinter der Torlinie zu kommen. Nach zweiminütigem Studium der Bilder gab der Video-Assistent (VAR) den Treffer allerdings. Virtuell war Spanien für einige Minuten sogar aus dem Turnier ausgeschieden, weil Deutschland zwischenzeitlich gegen Costa Rica zurücklag.
Dem Weltmeister von 2010 fehlte die Durchschlagskraft. Auch wenn man sich wie vor der Pause in des Gegners Hälfte festsetzte - die gut stehende Abwehrreihe der Japaner waren nicht mehr zu knacken. Am nächsten kam noch Dani Olmo einem Treffer, Gonda packte aber sicher zu (90.).
Die Spanier verloren im sechsten WM-Duell mit einem asiatischen Team erstmals. Die Niederlage war aber insofern zu verkraften, als dass mit Marokko am Dienstag nun der vermeintlich leichtere Gegner als Kroatien wartet. Zudem entgingen die Spanier auf diese Weise wohl dem Turnierast, der ihnen ein Viertelfinal-Duell mit Rekordweltmeister Brasilien hätte bescheren können.
Dieser wartet nun auf Japan. Die Japaner werden am Montag in ihrem vierten WM-Achtelfinale nach 2002, 2010 und 2018 gegen Kroatien versuchen, erstmals noch eine Runde weiter zu kommen. Zuzutrauen ist es ihnen nach Überraschungssiegen gegen Deutschland und Spanien - jeweils nach Rückstand - allemal.