Gäbe es einen Contest zum Thema "Traumpaar", würden sie im Ski-Weltcup wohl konkurrenzlos gewinnen. Vor einem Jahr machten die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin und der Norweger Aleksander Aamodt Kilde ihre Beziehung öffentlich. Und kurven seither nicht nur erfolgreich durch den Ski-Weltcup, sondern auch trittsicher durch das Dickicht der sozialen Medien – wenn es darum geht, immer ein wenig, aber nie zu viel über ihr Privatleben zu veröffentlichen. In einer Woche starten beide in Sölden in den Weltcup – davor war das "Dreamteam" beim Medientag seiner Skifirma Atomic natürlich viel gefragt – einzeln, wie im Doppel.
Dabei lüfteten die beiden im Interview mit "ServusTV" auch erstmals das Geheimnis, wie und wann aus der losen Bekanntschaft eine Freundschaft wurde. "Wir kannten uns flüchtig, schrieben uns hin und wieder auf Instagram oder Facebook. Und dann war da eine Nachricht von ihm nach dem Tod meines Vaters. Alle anderen zu beantworten war eine Bürde – aber ihm schrieb ich gern, weil ich das Gefühl hatte: Das ist ein Guter", erzählte Shiffrin. Und so begannen die Treffen; zunächst, ohne auch nur irgendjemandem Bescheid zu sagen. Lustig wurde es erst, als bei der WM in Cortina d'Ampezzo 2021 in einem Schaufenster unter der Überschrift "Love has no Limits" mit beiden Gesichtern für die gemeinsame Skibrillen-Firma geworben wurde. Da begann erst das Tuscheln. "Mein Team ist ausgeflippt", erzählt Shiffrin. Und Kilde ergänzte: "Dabei haben wir uns ja schon getroffen, nur wusste das keiner."
Das Schöne an ihrer Beziehung, erklärt die sechsfache Weltmeisterin, sei die gemeinsame Kommunikation, die sich auch, aber eben nicht nur um Skifahren drehe. Und die Möglichkeit, sozusagen "gemeinsam" zur Arbeit zu gehen. "Das können nicht viele Paare. Wir können Arbeit und Leben mischen, daraus beide Gewinn mitnehmen", sagte Shiffrin. Und ergänzte: "Unsere Tage sind eigentlich ziemlich normal." Das bestätigt auch Kilde, der auf eines hinweist: "Wir überlegen uns jedes Posting, das wir veröffentlichen. Aber: Wir haben auch keine Geheimnisse. Das Gute ist: So haben wir alles unter Kontrolle. Schlimm wird es ja erst, wenn man etwas heimlich macht – denn dann wollen es alle wissen."
"Always be faster than the boys"
Und Kilde ist auch nicht zu stolz, eine besondere Anekdote zu erzählen: "Heuer waren unsere Teams zur gleichen Zeit beim Training in Portillo. Und eines Tages startete ich beim RTL-Training direkt nach ihr. Da dachte ich mir schon: Hu, das war echt gut, wie sie gefahren ist. Und ... Ich war danach wirklich langsamer." Worauf Shiffrin lachend sagt: "Das hättest du besser nicht sagen sollen ..." Letztlich biegt sie alles wieder gerade: "Das war an einem Tag, am Ende des Tages hatte er aber die Bestzeit. Und das ist nur möglich, wenn alles zusammenpasst. Er ist der Grund, warum ich meinen Grundsatz: 'Always be faster than the boys' (Sei immer schneller als die Jungs, Anm.) ändern musste. Mit Aleks geht das nicht."
Beide haben schon als Paar schwierige Zeiten durchgemacht – Kilde nach seinem Kreuzbandriss, nach dem er im Vorjahr die beste Saison seines Lebens ablieferte und auch seine ersten zwei Olympiamedaillen holte, Shiffrin vor allem bei Olympia. Als sie in vier Rennen dreimal ausschied und hart zu kämpfen hatte. "Aber Aleks hat mich immer unterstützt", sagt sie. Und: "Es war schwierig. Denn ja, ich habe schlechte Erfahrungen gemacht und die Rennen sind das, was man nach außen sieht. Aber ich hatte auch einige der besten Skitage meines Lebens in Peking." Worauf Kilde ergänzt: "Das ist es, was ich an ihr mag. Die Fähigkeit, aus allem das Positive mitzunehmen."
Das will er auch selbst tun, ist er doch nach den Abschieden von Aksel Svindal und Kjetil Jansrud nun endgültig der "Oberelch", der Anführer der "Attacking Vikings". "Ich hatte ja gute Vorbilder, von denen ich so viel gelernt habe", sagt der 30-Jährige, "jetzt muss ich meine Erfahrung und mein Wissen weitergeben. Ich bin 30, muss meinen eigenen Weg gehen. Aber ich kann über meine Erfahrungen sprechen und den Jungen helfen. Ein Anführer zu sein, das kann man aber nicht lernen. Alles, was du tun kannst, ist, deine Erfahrung mit anderen zu teilen."
Die Saisonziele für den Norweger sind klar: "Natürlich ist der Sieg im Gesamtweltcup weit oben auf der Liste. Aber so wie im Vorjahr sieben Rennen zu gewinnen, das ist noch weiter oben. Ich habe die große Kristallkugel ja schon und ich weiß, was das ist und wie es geht. Ich habe es aber sehr genossen, Rennen zu gewinnen – da will ich mehr." Was vielleicht sogar noch weiter oben auf der Liste steht: endlich auch eine WM-Medaille zu gewinnen, die ihm bisher verwehrt blieb.
WM-Medaillen, die hat Shiffrin zur Genüge, 13 sind es schon. Für die 27-Jährige geht es darum, ihre Leistung abzurufen und auch zehn Jahre nach dem ersten WM-Titel 2013 in Schladming die Konkurrenz noch in Zaum zu halten. Fernziel sind wohl die 86 Weltcupsiege von Ingemar Stenmark, auf den ihr "nur" noch zwölf fehlen. Nahziel ist, "immer besser zu werden", wie sie sagt. Und die Belastung so zu steuern, dass der Weg passt – nämlich in Slalom wie Riesentorlauf Spitze zu sein. Und auch im Super-G um Siege mitfahren zu können. So oft wie möglich.
Dabei hilft ihr Kilde, sein Zuspruch. Und sie hilft ihm. Wie es sich bei einem echten Traumpaar eben gehört.