Zum ersten Mal wurde heuer um den Titel der Conference League gespielt. Dass José Mourinho der erste Trainer ist, der den elf Kilogramm schweren Pokal in Händen hält, ist kein Zufall. Der Portugiese hat schon davor alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Neben der Champions League (Inter Mailand und FC Porto) und der Europa League (Manchester United) sowie deren Vorgängerbewerb UEFA Cup (FC Porto) stehen Meistertitel in England, Spanien und Italien im Trophäenschrank. Fünfmal stand Mourinho in einem internationalen Finalspiel, fünfmal ging er als Gewinner zur Siegerehrung.
Zweifel an der Wertigkeit des von der UEFA neu geschaffenen Bewerbes ließ "The Special One" im Vorfeld nie aufkommen. Und nach dem Schlusspfiff erst recht nicht. Erst rannte der 59-Jährige unkontrolliert über den Rasen und weinte, später küsste er noch vor der offiziellen Übergabe den Pokal. "Ich war zu 100 Prozent sicher, dass die Saison mit einem besonderen Ereignis enden würde – und so ist es passiert", sagte Mourinho anschließend.
Der Mann aus Setúbal ist zweifellos ein Serientäter. Die Karriereplanung lag auf der Hand. Schon der Vater war Profi, der Sohn merkte mit der Weitsicht eines Trainers bereits früh, dass es auf dem Spielfeld nicht für ganz oben reichen wird. Talentiert ja, aber kein beinharter Arbeiter, wurde dem jungen "Mou" bescheinigt. Mit 29 Jahren ging es erstmals auf die Trainerbank. Schon während seiner Tätigkeiten als Assistent und Dolmetscher für Sir Bobby Robson bei Sporting Lissabon, in Porto und beim FC Barcelona entwickelte Mourinho seinen eigenen Stil – und seinen eigenen Kopf.
José Mourinho, "ein richtiger Römer"
Seinen Spielern ist er meist freundschaftlich verbunden, oft ist gar von einer Vater-Sohn-Beziehung die Rede. Die Verbundenheit steht an erster Stelle. "Beschützer, Freund, Vater und Bruder", nannte ihn Marco Materazzi in einem Interview einmal. Die Spieler seien bereit gewesen, ihr Leben für ihren Trainer auf dem Platz zu lassen. "Jetzt fühle ich mich wie ein richtiger Römer", war Mourinho auch nach dem Finale um Geschlossenheit bemüht. Er werde auch ein Römer bleiben. "Es ist eine Schande, dass meine Spieler jetzt zum Nationalteam gehen – wenn sie die gleiche Energie haben wie ich, sollten sie direkt zum Strand gehen", stellte er seine Mannschaft wieder an die erste Stelle.
Die kontroversen Auftritte haben System. Je mehr sich die Öffentlichkeit auf den Trainer stürzt, umso mehr Ruhe haben die Spieler. Abgesehen davon, dass Mourinho die Aufmerksamkeit und das Scheinwerferlicht immer wieder sichtbar genießt.
Zuletzt hat das Image von Mourinho immer wieder Schläge erlitten. Der Wechsel nach Rom gilt sportlich gesehen als Abstieg. Seine große Zeit ist vorbei, ist von Kritikern immer wieder zu hören. Zuvor musste er bei Manchester United und den Tottenham Hotspurs gehen. Doch auch beim englischen Rekordmeister hat der Streitbare mit Europa League, Ligacup und Superpokal drei Titel hinterlassen. Er weiß, wie man gewinnt. Auch wenn die defensive Spielweise im Ligaalltag nicht immer für Begeisterung im Publikum sorgt.
In Rom ist das egal. 50.000 feierten im Stadio Olimpico. Dazu kamen Autokorsos, Hupkonzerte und Feuerwerke, die Tifosi lagen sich am Kolosseum und überall in der Stadt in den Armen. Eine lange Leidenszeit mit 14 titellosen Jahren (Coppa Italia) liegt hinter ihnen. Kein Zufall, dass Mourinho sie beendet hat.