Ende der kommenden Woche tagt der Internationale Skiverband in Mailand - fast wie früher. Auch wenn nur jeweils ein Vertreter jedes Landes in Italien dabei sein darf. Zu bereden gibt es viel - und am meisten spießt sich alles nach wie vor im alpinen Ski-Weltcup. Wenn man sich umhört, wird klar: Der neue FIS-Präsident Johan Eliasch hat offenbar wirklich selbst das Zepter in die Hand genommen und einen "eigenen" Kalender entworfen, den er nun durchdrücken will. Das sorgt nach wie vor für Irritationen allerorts.
Zumindest in einer Hinsicht ist man einer Klärung aber nähergekommen: Der Kalender scheint zu stehen; zumindest was die Orte betrifft. Welche Rennen und Disziplinen gefahren werden, das ist nach wie vor offen. Die Problemfelder:
- Anzahl der Rennen. Obwohl 2022/23 ein WM-Jahr ist - von 6. bis 16. Februar wird in Courchevel/Meribel in Frankreich gefahren mit 13 Rennen in 14 Tagen - sollen laut Plan bei den Herren 42 Rennen und bei den Damen 40 Rennen gefahren werden - mehr denn je. Und nicht alle sind über die Flut an Rennen glücklich.
- Austragungsorte I. Ein ewiges Hin und Her. Zunächst war Garmisch-Partenkirchen nicht im Kalender, nach letztem Stand werden die Deutschen aber wieder ihre Herren-Rennen haben - nach Kitzbühel und Schladming stehen eine Abfahrt und ein RTL auf dem Programm. Damit nicht genug: In Zagreb wird diesen Jänner nur ein Damen-Slalom gefahren, dafür soll in Partenkirchen Anfang Jänner ein Nachtslalom für die Herren gefahren werden. Saalbach, das ursprünglich nach Schladming angesetzt war (mit einem Super-G und einem RTL) fehlt dafür im Herrenkalender. Der Plan, Damen-Rennen auszutragen, scheiterte ebenso; die WM-Strecken werden erst diesen Winter fertiggestellt. Also wird auch hier Garmisch zum Zug kommen
- Austragungsorte II. Es ist fix: Nach der "angestammten" US-Tournee im Frühwinter nach Beaver Creek (H), Killington (D) und Lake Louise (D + H), kehren die Herren ein weiteres Mal in die USA zurück, werden nach der WM in Palisaded Tahoe und Aspen Rennen bestreiten. Dafür wird Kvitifjell von der Herren-Liste gestrichen, dafür gastieren die Damen ebendort. Und: Der bereits angedachte Ausflug nach Asien wird gestrichen, dafür gibt es eben den Speed-Auftakt in Zermatt.
- Disziplinen. Aufregung herrscht um die Kombination: Denn statt wie bisher in eigenen Rennen sollten künftig Punkte in "Speed-Kombinationen" oder "Technik-Kombinationen" vergeben werden. Das heißt: Die Ergebnisse von Abfahrt und Super-G an einem Wochenende werden addiert, ebenso die von RTL und Slalom. Das wurde aber vom Weltcup-Komitee zurückgewiesen.
- Disziplinen II. An sich war das "Comeback" der Sprint-Abfahrten im ersten Kalenderentwurf enthalten. Dem widersprachen aber sowohl die Renndirektoren, die um die Sicherheit der Läufer fürchten. Denn: Die Führenden nach dem ersten Lauf sollten das Rennen beschließen, bei 60 Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmern würden sie also in etwa mit Nummer 90 fahren - das geben die Pisten nicht her, die Verletzungsgefahr wäre zu groß. Dazu kommt: In Kitzbühel lehnt man von Veranstalterseite eine Sprint-Abfahrt ab. "Das hatten wir schon, vor 30 Jahren. Aber jetzt passt es nicht mehr", sagte KSC-Präsident Michael Huber.
- Neue Startreihenfolge. So gut wie beschlossen ist eine neue Startreihenfolge in den Speed-Disziplinen. Demnach werden sich künftig die Top zehn der Startliste nicht mehr (ungerade) Nummern zwischen 1 und 19 aussuchen, sondern sie werden in den Bereich der Nummern 6 bis 15 gelost. Dann werden die zweiten 20 der Startliste davor (1-5) und danach (16-20) gelost.
Klar scheint, dass die Unzufriedenheit nach wie vor enorm ist. So war zu vernehmen, dass auch die FIS-Renndirektoren unzufrieden mit der Vorgehensweise der FIS-Spitze sind. Das kann man in diesem Fall wörtlich nehmen: Denn angeblich ist es tatsächlich der neue FIS-Präsident, der diesen Kalender in Eigenregie (mit Beratern) erarbeitete. KSC-Präsident Michael Huber ist jedenfalls selbst irritiert: "Die FIS war an sich ein demokratischer Verband, wo sich die Strukturen auch von unten nach oben fortgepflanzt haben. Derzeit sieht es aber so aus, als ob man - ähnlich wie im IOC - Entscheidungen oben treffen will, die dann von allem darunter mitgetragen werden sollen."
Der Ski-Historiker ist auch verwundert über den neuen Ansatz der Kombination: "Früher war das Ziel der Kombination, Gegenpole zu verbinden. So wie Langlauf und Skisprung in der Nordischen Kombination. Den Mut, die Ausdauer in der Abfahrt mit der Spritzigkeit des Slaloms zu verbinden, den besten Allrounder zu suchen. Das fehlt nun", sagte er. Und der neue Alpin-Direktor des ÖSV, Herbert Mandl, ergänzt: "Es hat viele Diskussionen gegeben, das Weltcup-Komitee hat den Vorschlag zurückgewiesen, weil es auch kein Regelbuch darüber gibt - ebenso wenig wie eine Diskussion darüber, was passieren soll. Es gibt einfach keine Grundlagen."
Ebenfalls für Irritation sorgt, dass alle bisherigen, langfristig geplanten Kalender nun ungültig sind. Das sorgt auch bei den TV-Anstalten für Unsicherheit. Und: Auch für Saalbach wackelt das WM-Finale, das bisher immer ein Jahr vor der WM willkommener Probegalopp war. Wie man hört, soll das Finale schon ab 2024 nämlich an den Bestbietenden gehen - nachdem der Plan, die WM ans Saisonende zu verschieben, sich wohl so schnell nicht umsetzen lassen wird.