Es war eine in allen Belangen ungewohnte Konfrontation. Österreichs Fußballteam musste sich erstmals nach langer Zeit mit einer eklatanten Außenseiterrolle auseinandersetzen. Dies ist grundsätzlich kein Nachteil, denn die Nationalmannschaft war in ihrem zweiten Euro-Match gegen die Niederlande ohnehin einer Mehrfachbelastung ausgesetzt. Die Causa Arnautovic hatte tagelang das sportliche Geschehen unterdrückt, und die orangefarbene Übermacht auf den Tribünen muss auch erst einmal absorbiert werden. Am Ende wurden die Gastgeber ihrer Favoritenrolle gerecht und siegten mit 2:0.
Am Anfang stand eine erquickliche Unaufgeregtheit der Österreicher, die sich aufrichtig um Gestaltung bemühten. Nach neun Minuten jedoch wurde diese in einem profunden Selbstbewusstsein liegende Ruhe empfindlich gestört. David Alaba stieg Denzel Dumfries auf den Fuß, ziemlich ungeschickt und dummerweise auch noch knapp innerhalb des Strafraums. Nach VAR-Überprüfung gab es Elfer für die Niederländer. Memphis Depay verwertete sicher.
Zuvor hatten die Österreicher nach einer nicht ganz lupenreinen Attacke an Andreas Ulmer vergebens auf Strafstoß plädiert. Nach dem Schock benötigte das Team von Franco Foda einige Zeit, um sich zu sammeln, probierte es aber nach 26, 27 Minuten mit einem gesunden Maß an Eigeninitiative. Christoph Baumgartner fand nach einer schönen Aktion eine gute Gelegenheit vor, doch sein Schuss wurde von Mathijs de Ligt geblockt. In der Schlussphase der zweiten Hälfte aber hatte Österreich Glück, dass die Oranjes mit zwei Großchancen fahrlässig umgingen. Zunächst verpasste Depay nach einem schnellen Gegenangriff über Wout Weghorst das sicher scheinende 2:0, dann scheiterte Georginio Wijnaldum.
Das Wissen um die Notwendigkeit eines Treffers drängte die Österreicher nach Seitenwechsel vermehrt in die Offensive, vor allem über Konrad Laimer und Baumgartner, doch die Torgefahr hielt sich in Grenzen. Michael Gregoritsch, der anstelle von Sasa Kalajdzic in der Startelf stand, blieb vorne völlig isoliert. Die Niederländer platzierten ihre Angriffe wohldosiert und nach einem Corner wäre beinahe das 2:0 gefallen. Zunächst reagierte Daniel Bachmann bei einem Kopfball von Stefan de Vrij glänzend, der Nachschuss konnte mit etwas Glück ins Toraus abgelenkt werden.
In der 67. Minute schlug es dann aber doch ein im Kasten der Österreicher. Martin Hinteregger hob ein mögliches Abseits auf. Donyell Malen zog in Richtung Tor, spielte quer auf Dumfries, und der PSV-Akteur schob ein, obwohl Bachmann noch die Fingerspitzen am Ball hatte. Wenige Minuten später kullerte ein Ball nur um Millimeter am Kasten der Niederländer vorbei, nachdem Owen Wijndal nach einem Corner angeschossen wurde. Ein Weitschuss von Alaba verfehlte knapp das Kreuzeck (81.). Ein Kopfball von Joker Karim Onisiwo fiel zu zentral aus (84.).
So blieb es beim 2:0-Sieg der Oranje. Damit steht fest: Nordmazedonien ist Gruppenletzter, die Niederlande -erster. Die Österreicher müssen gegen die Ukraine gewinnen, um Platz zwei zu fixieren. Ob es auch als Dritter – eventuell auch mit einer Niederlage am letzten Spieltag am Montag – für den Aufstieg reichen wird, ist offen. Marko Arnautovic spielt auf jeden Fall wieder mit – gut so.
Hubert Gigler aus Amsterdam