Ein bewusster Pfiff von Schiedsrichter Björn Kuipers nach zehn Minuten. Applaus im vollen Kopenhagener Parken-Stadion. Das Spiel zwischen Dänemark und Belgien stand einzig und allein im Zeichen von Christian Eriksen. Der „10er“ der Dänen hat während eines Spiels einen Herzstillstand erlitten und musste wiederbelebt werden.
Der 29-Jährige ist wieder wohlauf und hat das Spiel in einem Krankenhaus in Kopenhagen – wo er auf die Implantation eines Defibrillators wartet – verfolgt. Die Bilder von Tormann Kasper Schmeichel und Kapitän Simon Kjaer mit Eriksens weinender Freundin Sabrina Kvist Jensen im Arm werden sind Teil der Fußballgeschichte. Sie dachte, der Vater ihrer beiden Kinder wäre tot. Die unendlich scheinenden Momente der Ungewissheit haben Fans auf der ganzen Welt bewegt und zusammenrücken lassen. Eriksen wurde unter den Augen von Millionen durch Herzmassage und Elektroschock zurück ins Leben geholt. „Etwa 30 Sekunden später hat der Spieler die Augen geöffnet und ich konnte mit ihm sprechen. Das war ein sehr bewegender Moment“, sagte Notarzt Jens Kleinefeld zur „Funke Mediengruppe“.

Schon vor dem Anpfiff gestern schwebte ein überdimensionales Trikot des 29-Jährigen über den Rasen, bei den Hymnen waren teilweise Tränen in den mitgenommenen Gesichtern der Spieler zu erkennen. Von Ergriffenheit, Nationalstolz und den Gedanken an den vor wenigen Tagen noch leblos an dieser Stelle auf dem Boden liegenden Kameraden angetrieben, legten die Dänen einen fast schon kitschigen Start hin. 1:0 durch Yussuf Poulsen nach weniger als zwei Minuten. Die belgische Abwehr leistete durch einen Fehlpass die ungewollt wohlwollende Vorarbeit. Man konnte es ihnen unter diesen Umständen nicht verdenken.

Die Vorbereitung auf dieses Spiel war aufseiten der Europameister von 1992 nur untergeordnet physischer Natur. Man hat das Erlebte gemeinsam aufgearbeitet, Trainer Kasper Hjulmand wurde vom Fußballlehrer zum Psychologen und Manager einer Krise, auf die man sich nicht vorbereiten kann. Doch auch sportlich hat er seine Mannschaft ausgezeichnet eingestellt. Die als Außenseiter ins Spiel gegangenen Dänen wollten mit dem Herz in der Hand und der Führung auf der Anzeigetafel das kleine Fußballwunder wahr machen.

Der Einzige, der das Drehbuch des gestrigen Tages nicht gelesen hat, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Spiel. Kevin De Bruyne wärmte sich in der Pause auf und kam zum Wiederanpfiff auf das Feld. Das Spiel war plötzlich nicht mehr dasselbe. Der Weltklassemann brachte die Geschwindigkeit mit und riss die Begegnung an sich. Beim Ausgleich in der 54. Minute ließ De Bruyne im Strafraum zwei Dänen ins Leere rutschen und legte perfekt auf Torschütze Thorgan Hazard quer.
Den Führungstreffer übernahm der bald 30-Jährige ebenfalls nach einer perfekten Kombination gleich selbst. Ein kompromissloser Schuss von der Strafraumgrenze ins kurze Eck beendete die Träume der Europameister der Herzen. Eine Plattitüde, die oft ins Leere läuft. In diesem Jahr allerdings nicht. Das weiß auch der Spielverderber, der es bei seinem Treffer nicht wagte, seinen Kopf zum Jubel zu erheben. Mit einem Kopfball auf die Latte kurz vor dem Ende hätte Martin Braithwaite für seine Mannschaft zumindest das Licht des Achtelfinales noch in Sichtweite halten können.

Ohne Punkt nach zwei Spielen bleibt ein Aufstieg als einer der besten Gruppendritten die letzte Hoffnung. Drei Punkte am letzten Spieltag gegen Russland wären Pflicht. Selbst dann wäre Schützenhilfe aus den anderen Gruppen vonnöten. Man würde es den Dänen wünschen – nicht nur in Dänemark.