Vier bis fünf Tage in der Woche ist Paul Neukirchner am Fußballplatz – normalerweise. Der 17-Jährige ist Spieler der zweiten Kampfmannschaft von Kainbach-Hönigtal in der 1. Klasse, auch bei der U17 des JSV Ries-Kainbach ist er spielberechtigt. Und außerdem ist er Trainer der U12. Und plötzlich, sprichwörtlich von einem Tag auf den anderen, war Mitte März 2020 alles anders. Der Fußballplatz war Tabuzone geworden. „Anfangs dachte ich mir: Keine Schule, kein Kicken – das werden ein paar entspannte Wochen“, erzählt Neukirchner. Mit drei Wochen auf Sparflamme hat er gerechnet, von der Regierung wäre das zunächst auch so erklärt worden. Dem hat Neukirchner vertraut. „Als das dann viel länger gedauert hat, war das schon nervig“, sagt er.
Aus dem gewohnten Rhythmus wäre er gerissen worden: „Schule, Fußballtraining, Lernen“ – in unterschiedlicher Reihenfolge. „Es ist schwer, einen neuen Rhythmus zu finden, vor allem alleine“, sagt er. Die ersten paar Wochen wäre er noch sportlich aktiv gewesen, habe seine Läufe absolviert. „Wir haben im Fußballtraining die Vorbereitung abgeschlossen vor dem Ende. Ich war fit, da ist das leichtgefallen“, erzählt er. Nach der dritten Woche im Lockdown war die Motivation dann im Keller. „Vor allem, weil überhaupt nicht klar war, wie es weitergeht“, beschreibt er.
Fauler wäre er geworden, das steht fest. „Ich muss mich immer überwinden, etwas zu tun“, sagt er. Egal ob schulisch oder sportlich. Das wäre im zweiten Lockdown im Herbst noch viel schlimmer gewesen. „Wahrscheinlich, weil es in den Wintermonaten noch schwieriger ist, etwas zu machen.“ Und auch, weil Papa Günther Neukirchner, Trainer bei Sturm Graz, durchaus Fußballplätze betreten und Trainings absolvieren durfte. „Klar hat mich das ein bissl angezipft“, sagt Neukirchner junior. „Aber man darf das nicht vergleichen. Das ist ja der Job von allen, die bei Sturm arbeiten. Das ist ganz etwas anderes, als wir hier machen.“
Als Trainer der U12 wäre nach dem ersten Lockdown vor allem der Spaß im Mittelpunkt gestanden. Und auch im Lockdown hat er Kontakt mit der Mannschaft gehalten. „Wir haben Videos zum Nachmachen ausgeschickt, damit der Kontakt zum Verein aufrecht bleibt.“ Aktuell geht es im mit Abstand erlaubten Trainingsbetrieb vor allem um eines: „Jedes Kind will in ein Tor schießen. Das ermöglichen wir“, sagt er.
Aber natürlich stehen auch Dinge wie Passspiel, Dribblings oder Ausdauer im Fokus. Eines hat sich nicht geändert: „Es soll noch immer Spaß machen.“ Bei seinen „Buben“ hat er in diesem Jahr keine großen Veränderungen bemerkt. „Da ist mir nicht aufgefallen, dass sie, wie ich, fauler geworden wären“, sagt er lachend. Ganz nachvollziehen kann der Schüler des BG/BRG Seebacher aber nicht, dass der Sport im Lockdown so radikal gekürzt wurde: „Immer heißt es, die Jugend soll unbedingt Sport machen – und dann ist gar nichts mehr erlaubt.“
Der fehlende Sport als größter Einschnitt
Auch für ihn persönlich war das der größte Einschnitt. „Schulmäßig hat bei uns alles geklappt, aber das Rundherum geht ab.“ Als 17-Jähriger ist er in einem Alter, in dem er sich fußballerisch noch gut weiterentwickeln kann. „Wenn man dann zwei Mal über Wochen oder gar Monate nicht kicken darf, ist das ziemlich bitter. Als Fußballer profitierst du nicht davon“, sagt er. Mit ausreichend Ehrgeiz könne man sich zwar auch alleine weiterentwickeln, aber: „Das Gleiche ist es nicht.“ Zumal „spontane Aktivitäten“ abgehen: das gemeinsame Essengehen nach dem Training etwa. Oder ein Ausflug in die Stadt mit Freunden.
Das Gefühl, viel verpasst zu haben, hat der 17-Jährige nicht. „Wenn man das halbwegs gescheit macht, versäumt man nicht so viel. In meinem Alter am ehesten das Fortgehen.“ Wichtiger als das Fortgehen aber ist ihm, dass das Training bald wieder „richtig“ geht. Dann so, wie Fußball eben sein muss: mit Körperkontakt. Damit es Spaß macht.