Vereinzelt hat Andrea Ohersthaller, Obfrau der GAK-Juniors, vernommen, dass sich Eltern an das Sportministerium wenden, um eine baldige Öffnung der Sportstätten zu erreichen. Die Gefahr: Kinder würden das Interesse am Sport verlieren und aufhören – im konkreten Fall mit dem Fußballspielen. Ohersthaller will daran in der Masse nicht so recht glauben: „Im aktuellen Lockdown haben wir zwei Spieler verloren. Online-Training findet im selben Ausmaß statt wie auf dem Platz“, sagt sie. Pläne wären da entwickelt worden, um Themen zu bearbeiten, die sonst zu kurz kommen. „Wir arbeiten an der Ausdauer, an der Stabilität, am Muskelaufbau. Dinge, die wichtig sind, aber weniger Spaß machen. Den Trainern und den Spielern.“
Bei allen Vereinen funktioniert das nicht wie beim GAK. „Es gibt Vereine, die klagen, die Kinder nicht zu erreichen“, beschreibt Franz Stradner, Fußball-Jugendleiter für das Gebiet Graz. „Nicht jeder Verein und jeder Trainer hat die Möglichkeit, sich intensiv um seine Schützlinge zu kümmern. Viele Menschen sind aktuell mit großen Problemen konfrontiert“, sagt er. Sein Grundsatz wäre, zu versuchen, die Kinder weiter für den Sport zu begeistern. „Ich hoffe, dass es mit der Schulöffnung auch mit dem Training weitergeht.“
Andreas Leber, Leiter für Leistungssport und Nachwuchs-Koordinator im Steirischen Tennisverband, berichtet Ähnliches: „Es gibt sehr motivierte Trainer, die mit ihren Schülern ständig Kontakt halten.“ Die würden sich auch ständig bei ihm melden – etwa mit Fragen oder der Bitte um eine Hilfestellung. Eine WhatsApp-Gruppe mit mehr als 70 Tennistrainern in der Steiermark floriert: Links werden gepostet, Vorschläge für gelungene Online-Trainings gemacht.
Was den Kindern aber am meisten fehlt, ist der soziale Kontakt, das Vereinsgefüge. „Im Breitensport findet der Großteil der Trainings in Gruppen statt“, sagt Leber. „Tennisspieler sind früh genug auf sich alleine gestellt, gerade im jüngeren Bereich setzen wir auf die soziale Komponente.“ Abgänge befürchtet Leber keine – im Frühjahr war sogar das Gegenteil der Fall. „Wir durften als Tennissportler früher wieder loslegen als etwa die Fußballer. Darum haben viele Fußballer Tennis ausprobiert, ein paar sind geblieben“, sagt er. Das Frühjahr 2020 wäre eine der stärksten Tennisphasen gewesen, an die er sich erinnern kann. Und darauf hofft er auch für das Jahr 2021: „Ich hoffe, mit Beginn der Freiluftsaison können wir wieder voll durchstarten.“ Das wäre etwa Mitte März. Die Hoffnung auf eine frühere Öffnung der Hallen lebt.
Ähnliches erwartet sich Martin Zanner vom Steirischen Leichtathletikverband. „Ich denke, es wird einen Ansturm auf die Vereine geben, wenn man wieder gemeinsam trainieren darf.“ Vor allem im Bereich der Sechs- bis Zwölfjährigen. Schwierig wird es, so Zanners Befürchtung, für jene Leichtathleten im Teenager-Alter, die schon einen hohen Trainingsaufwand haben, „aber für ganz oben, für den Spitzensport, noch nicht bereit sind. Das kann ich mir schon vorstellen, dass wir drei, vier Jahrgänge verlieren“.
Beim Steirischen Volleyballverband sind es „rund 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die regelmäßig an den angebotenen Online-Trainings teilnehmen“, sagt Vizepräsident Michael Horvath. „Aber irgendwann geht die Motivation natürlich auch verloren, wenn man nicht Volleyball spielen kann.“ Nach der Coronakrise „werden viele zum Sport zurückkehren. Aber es wartet natürlich viel Arbeit auf uns, dass wir die Kinder gemeinsam mit den Schulen zum Sport bringen“.
"Wiedereröffnung wie eine Explosion"
„Für die Kinder“, sagt Psychologe Alois Kogler, „wird die Wiedereröffnung der Sportstätten wie eine Explosion. Sie werden Grenzen überschreiten wollen. Sie werden ihre Freude und ihre Lebenslust ausleben.“ Fakt ist aber auch: „Jetzt entscheidet sich bei vielen, ob sie weitermachen oder nicht.“ Drei Faktoren müssen stimmen, damit die Kinder weiterhin Sport ausüben. „Kinder, die sich gerne bewegen, in guten Strukturen sind und vom Trainer oder Verein gut betreut werden und von den Eltern die Freude an der Bewegung mitgegeben bekommen, werden schnell selbst auch wieder Freude entwickeln“, sagt er.
„Lehrer oder Trainer, die für ihre Sache brennen, merkt man sich ein Leben lang. Wenn sie nicht positiv da sind, für ihre Schützlinge, dann wendet man sich ab.“ Auch für Kogler ist klar: „Die Freunde gehen am meisten ab. Da wird die Freude groß sein.“