Die Rechnung ist einfach: Damit dem Sport nicht die Luft ausgeht, muss er durchtauchen durch die Pandemie. Augen zu und durch, koste es, was es wolle, könnte man meinen. So ganz stimmt das nicht, denn in Wahrheit geht es für den Sport im Jahr 2021 eher um das Gegenteil der Kosten: Es geht um Einnahmen. Geopfert werden muss dafür zwar die (Live-)Stimmung, aber wenigstens rollt die Kugel.
Dass das funktioniert, hat man im Jahr 2020 schon bewiesen. Der Sport begab sich vielerorts in eine Blase, die „Bubble“ wurde zum geflügelten Wort, das auch den großen Unterschied zur Kultur ausmachte: Denn zumindest der Profisport braucht keine Fans im Stadion, an den Strecken oder neben den Pisten – der Sport im 21. Jahrhundert braucht einzig und allein Kameras, um die globale Audienz zufriedenzustellen.
Dafür kann sich die, so gewünscht, fast rund um die Uhr auf der Couch breitmachen und zuschauen; auch ohne Großereignisse, dafür sorgt schon der Fußball, der sich unter Zuhilfenahme von nationalen Meisterschaften, Pokalbewerben, Europapokalbewerben und natürlich auch dem um ein Jahr verschobenen Höhepunkt der EM-Endrunde mit Österreich über sieben Tage der Woche ausdehnt. Die Kugel rollt, damit der Rubel rollt. Und das nicht zu knapp: Der TV-Rechtemarkt hat sich zum Milliardenbusiness entwickelt.
Und das ist auch der Grund dafür, dass man selbst in Zeiten der Pandemie mit großer Sicherheit sagen kann: Sport findet statt; fraglich ist nur, ob mit Zuschauern (unwahrscheinlich), mit weit weniger Fans als normal, dafür mit Maske (nicht ausgeschlossen) oder – wie schon gewohnt, möchte man sagen – unter Ausschluss der Besucher, weiterhin als „Geisterspiele“. Klar ist nur: Einen kompletten Ausfall kann und will man sich nicht leisten. Weder aufseiten der Vereine noch aufseiten der Zuschauer.
Wobei eine Erkenntnis für einige überraschend sein mag: Auch die TV-Seherzahlen gingen im abgelaufenen Coronajahr zurück – die fehlende Stimmung in den Arenen scheint also doch Auswirkung auf die Stimmung daheim zu haben. Obwohl: Corona hat, so sagen Studien, die TV-Zeit insgesamt sogar verringert.
Die Hoffnung der großen Verbände, und nicht nur dieser, ruht dabei natürlich auf den Impfstoffen. Das trifft insbesondere auf die Fußball-EM ab Mitte Juni, gefolgt nur zwölf Tage später von den Olympischen Spielen in Tokio (ab Ende Juli) zu. Die Herausforderungen für beide sind nicht zu unterschätzen: Die EM soll in zwölf verschiedenen Städten stattfinden, Reisetätigkeit inbegriffen. Man darf davon ausgehen, dass die Zuschauer diese Reisen aber bis Juni wohl nicht in vollem Ausmaß mitmachen werden. In Tokio dann stellen allein die großen Teilnehmerzahlen eine Herausforderung dar, alleine knapp 12.000 Athletinnen und Athleten werden in Japan um Medaillen kämpfen – selbst, wenn das Virus das Ideal der olympischen Familie, das des Völker verbindenen Ereignisses, per se ad absurdum führt.
Es kommt nicht von ungefähr, dass der Sport in Zeiten wie diesen die Rolle des Zirkus einnimmt. „Panem et circenses“, neu definiert. Wobei das Brot in diesem Fall eben nur auf den Tisch des Sports kommt, wenn die Ereignisse übertragen werden können. Dass das geht, wurde im Vorjahr beginnend in Spielberg mit der Formel 1 eindrucksvoll bewiesen. Deshalb darf man davon ausgehen: So schmerzhaft der große Sport ohne große Zuschauermengen sein wird, er wird kommen – von der Handball-WM über die alpine und nordische Ski-WM, die Fußball-Großereignisse bis hin zum Höhepunkt der Fußball-EM, Olympia (mit der Hoffnung auf mehr österreichische Medaillen als zuletzt) und natürlich die Tennis-Tour sowie der Motorsport mit Formel 1 und MotoGP an der Spitze. Oder: Kondition ist gefragt – zumindest vor dem Fernseher.