Auf der Insel findet in diesem Winter kein Eishockey statt. Die britische Eishockey Liga (EIHL) wählte schon jetzt freiwillig den coronabedingten Exit, obwohl der Start erst für Anfang Dezember angesetzt worden war. Der Hintergrund: Die ansässigen Vereine sind großteils von Ticketeinnahmen abhängig. Zwischen 75 und 100 Prozent Auslastung der Hallenkapazitäten benötige es, um einen Liga-Betrieb aufrechtzuerhalten.

Das Problem ist in der Branche bekannt und beschränkt sich nicht nur auf Großbritannien. Österreichs Eishockey wird von der Coronakrise, auch aufgrund der gesetzlichen Maßnahmen (große Einschnitte bei Indoor-Veranstaltungen), hart getroffen. Die wirtschaftlichen Entwicklungen lassen sich kaum prognostizieren. Mittlerweile werden nicht allein Spielzüge analysiert, sondern sogar Pressekonferenzen der Bundesregierung, um daraus Schlüsse auf Verschärfungen bzw. Lockerungen zu erkennen. Nichtsdestotrotz müssen sich die Klubs derzeit mit harten Fakten auseinandersetzen. Der Sponsoren-Markt gilt als eingeschränkt. Ebenso das allgemeine Interesse, im Vergleich zu Branchen-Platzhirschen wie Fußball (kommt als einziger Sport bei Corona-Pressekonferenzen der Bundesregierung vor) oder Ski. Eishockey ist zudem ein kostenintensiver Sport (großes Team samt Betreuer, Equipment, Infrastruktur). Wie kann also der Spielbetrieb aufrechterhalten werden, ohne dass ein finanzieller Kollaps droht?

Sparkurs versus Angriff

Einen strikten Sparkurs, im Verhältnis zu den Zuwendungen ihrer Mäzene, haben sich Vereine wie der KAC auferlegt. Die Rotjacken verfügen dank Gönnerin Heidi Goess-Horten über einen wertvollen Talon. Bei den Vienna Capitals (Unternehmer Hans Schmid) ist die Situation nicht anders. Im Gegensatz zu anderen Standorten, wo Zuschauer das Kapital bestimmen: Auf mindestens 35 Prozent beläuft sich in Österreich der Budgetanteil pro Klub aus Ticketverkäufen. Ein Posten, der heuer keinen stabilen Finanzplan zulässt. Dem nicht genug: Insider schätzen den durchschnittlichen Sponsoren-Rückgang auf rund 30 Prozent. Klubs erhielten bereits die Nachricht, dass Werbeetats gekürzt werden.

Ein Rechenbeispiel: Bei einem Gesamt-Jahresbudget von normalerweise drei Millionen Euro wurden über eine Million Euro aus Tickets generiert. Und unter der Annahme, dass von den restlichen zwei Millionen großzügig geschätzt etwa 200.000 Euro auf TV-Gelder, Subventionen und Merchandising entfällt, würden 1,8 Millionen seitens Sponsoren fließen. Oder nach Corona eben nur noch 1,3 Millionen.

Viele versuchen trotzdem, gegen den Wasserfall zu rudern. Sogar heuer, mitten in der vielleicht größten noch bevorstehenden Wirtschaftskrise, unterscheidet sich die Handhabung je nach Standort immens.

Steht ein Liga-Crash bevor? Die Sorge ist berechtigt, dass in bzw. nach diesem Winter die finanziellen Einschnitte nicht mehr ausgebügelt werden können. Innsbruck-Obmann Günther Hanschitz sprach bereits Klartext: „Es geht ums Überleben.“ Exakt 20 Jahre nach dem Liga-Crash droht erneut ein veritables Erdbeben.

Corona wirkte dabei lediglich als Brandbeschleuniger: Seit Jahren führt Eishockey ein Geschäftsleben am Limit. Große finanzielle Rücklagen wurden nie angelegt, keine nachhaltigen Investitionen getätigt. Beweis? Alles andere als repräsentative Eishallen und jahrelang wehrten sich die Klubs vor digitalem Ausbau für Infrastruktur, die man jetzt dringend für Livestreams benötigen würde.

Noch keine Lösung in der DEL

Und Deutschland? Die DEL steht ebenfalls vor existenziellen Nöten. Der Budgetanteil von Tickets ist noch höher und liegt etwa bei 70 Prozent. Jüngst hat die Politik eine 20-Prozent-Regelung für Hallen-Kapazitäten ausgerufen. DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke zeigte sich schockiert: „Wir müssen diese Entscheidung erst mal sacken lassen und abwarten, wie die praktische Handhabung erfolgt.“ Alle hoffen, dass es beim Liga-Start am 13. November mit so vielen Zuschauern wie möglich bleibt.

Das österreichische Eishockey stützt sich derzeit hauptsächlich auf Hoffnungen: dass die Corona-Zahlen sinken, dass so viele Zuschauer wie möglich Tickets kaufen können, dass eine ganze Saison gespielt werden kann und für den Worst Case, also den schlimmsten Fall: dass die Bundesregierung in einem Maßnahmen-Paket die Ausfallhaftung für Einnahmen-Entgang (Sponsoren, Tickets) ausweitet. Dann kämen die Klubs zumindest vorerst mit einem blauen Auge davon.

Es ist ein ambitioniertes Vorhaben, dass in einer Phase steigender Corona-Infizierten, mit 25. September der Spielbetrieb aufgenommen wird. Aber alternativlos, so ein totales Chaos verhindert werden soll. Es darf jedoch bezweifelt werden, dass die Saison vollständig, reibungslos und coronafrei über die Bühne gehen wird.