Der deutsche Pharmakologe und Sportmediziner Fritz Sörgel hält Fußball-Spiele mit einer geringen Anzahl an Zuschauern für bald möglich. "Ich sehe die Möglichkeit der schrittweisen Anpassung", sagte er im Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag). "Ich weiß nicht genau, wie realistisch das ist, aber wenn man sagen könnte: Der Zugang von Menschen zum Stadion kann so geregelt werden wie der Zugang der Kunden zum Ikea, und es wäre möglich, im Stadion die notwendigen Abstände einzuhalten, dann wüsste ich ehrlich gesagt nicht, was dagegen einzuwenden wäre, Spiele vor reduziertem Publikum zuzulassen", erläuterte Sörgel.
Dass die deutsche Bundesliga den Spielbetrieb dieses Wochenende wieder aufnimmt, habe den "Charakter einer wissenschaftlichen Studie", sagte Sörgel: "Ein solches Konzept, rund 1700 Personen in einer Hygiene-Zone inmitten einer Pandemie konsequent zu testen, ist so noch nie irgendwo durchgeführt worden."
In einem Gastbeitrag in der "Mainpost" schrieb der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Nürnberg: "Was aber noch viel wichtiger ist: Ausgerechnet der zu meiner Jugendzeit als 'Proletensport' bezeichnete Fußball könnte Financier werden für den gesamten Sport und das Kulturleben, als er in einer Art Kollateraleffekt wissenschaftliche Grundlagen zu Fragen von Mindestabstand, Kontagiosität und vieler anderer Aspekte der Corona-Krise liefert." Zudem komme dem Videobeweis nun eine neue Bedeutung zu: "In welcher Szene könnte sich Thomas Müller den Virus eingefangen haben, wo der doch gar nicht so körperlich spielt", schrieb Sörgel: "Selten war Zeitlupe hilfreicher."
Die Ergebnisse des Testversuchs seien zwar nicht repräsentativ. "Es sind weder extrem alte Menschen noch Kinder vertreten. Dennoch werden die Daten ihren Wert haben, denn sie beschreiben eine Gruppe in der Pandemie unter besonderen Umständen", sagte Sörgel. Und glaubt, dass Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer, der die Taskforce leitete, sie zusammen mit seiner Saarbrücker Kollegin Barbara Gärtner veröffentlichen wird. Sie hätten das Konzept mit der DFL ausgearbeitet, so der 69-Jährige im "Kölner Stadt-Anzeiger", "und ich nehme an, sie werden genügend akademischen Ehrgeiz haben, es selbst zu publizieren. Und ich hoffe schnell."