Es sind astronomische Summen, die Saison für Saison in die größten Fußball-Ligen Europas fließen. Mehr als sieben Milliarden Euro sollten die Erstligisten aus England, Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien in der laufenden Saison aus TV-Geldern lukrieren. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie drohen den einzelnen Ligen jeweils Verluste in dreistelliger Millionenhöhe.
In England, Spanien und Italien kommt im Durchschnitt rund die Hälfte der Jahreseinnahmen der in der höchsten Liga spielenden Klubs von den übertragenden TV-Stationen. In Deutschland ist es prozentual etwas weniger, aber immer noch so viel, dass es beim einen oder anderen Klub um die Existenz gehen könnte, sollten die TV-Gelder nicht im vollen Umfang ausbezahlt werden.
Diese Abhängigkeit vom Fernsehen sorgte in den letzten Wochen für irritierende Entscheidungen. In der italienischen Serie A wurde noch gespielt, als sich das Ausmaß der Krise längst abzeichnete. Und auch anderswo versuchte man noch so lange wie nur möglich, den Ball am Rollen zu halten. In der Premier League rang man sich erst zur Unterbrechung durch, nachdem die ersten Fälle innerhalb der Liga bekannt geworden waren.
Die Klubs setzen alles daran, sobald wie möglich den Betrieb mit Geisterspielen wieder aufzunehmen. Ein Abbruch der Saison zum jetzigen Zeitpunkt würde für die deutschen Bundesligisten eine dreiviertel Milliarde weniger Einnahmen bedeuten, errechnete die Deutsche Fußball Liga (DFL).
Dass die Ligen kaum mit grenzenloser Solidarität der ebenfalls gebeutelten TV-Sender rechnen können, zeigt sich in Frankreich, wo Canal+ die nächste fällige Auszahlung für Anfang April (110 Millionen Euro) zurückbehalten will. Gemäß "L'Equipe" sind insgesamt noch 280 Millionen Euro fällig. In Spanien und Italien dürfte es um einen ähnlichen Betrag gehen. In England müssten die Klubs laut "The Athletic" 853 Millionen Euro an die übertragenden nationalen TV-Sender zurückzahlen, sollte die Saison nicht wieder aufgenommen werden. Längst prüfen Juristen rechtliche Schritte für den Ernstfall Meisterschaftsabbruch. Laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg könnten die übertragenden Sender in Summe mehr als 1 Milliarde US-Dollar an Entschädigungen fordern.
Die Ligen und Klubs suchen Möglichkeiten, die unsichere Zeit ohne bleibenden Schaden zu überstehen. Mit Kurzarbeit und freiwilligen oder erzwungenen Lohnkürzungen sollen Kosten gespart werden. In Spanien wird über langfristige Darlehen für die Klubs diskutiert. Momentan lassen sich aber nur Szenarien erarbeiten, über ökonomische Schäden lässt sich wie über die langfristigen Folgen nur spekulieren. Eine erste Antwort könnte es schon im Mai geben. Dann sollen in Deutschland die Rechte für die Spielzeiten 2021/22 bis 2024/25 vergeben werden. In der Vor-Corona-Zeit rechnete die DFL mit einem signifikanten Anstieg der TV-Einnahmen für jene Periode.