Er bezeichnete es als „Schocktherapie“ und meinte damit die überraschende Trennung von seinem gesamten Trainerstab. Hatte Novak Djokovic bereits im Dezember 2016 seine Zusammenarbeit mit Boris Becker aufgekündigt, so löste sich der 12-fache Grand-Slam-Sieger nun auch von seinem Langzeittrainer Marian Vajda (seit 2006), Physiotherapeuten Miljan Amanovic sowie seinem österreichischen Ernährungs- und Fitnessberater Gebhard Gritsch. Der 60-jährige Tiroler blickt auf acht erfolgreiche Jahre mit dem „Djoker“ zurück.

Kam der Schritt von Djokovic überraschend für Sie?

GEBHARD GRITSCH: Nicht wirklich. Ich habe selbst bereits mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören. Acht Jahre auf der Tour sind eine lange Zeit. Andererseits, wenn man so lange mit jemandem zusammenarbeitet, muss man auch Loyalität zeigen. Ich freue mich jetzt auf alle Fälle auf eine Pause.

Ab welchem Zeitpunkt hat sich die Trennung abgezeichnet?

Das war nach dem Sieg bei den French Open. Novak hatte die Motivation verloren und versucht, neue Wege zu gehen – hinsichtlich Ernährung und Mentalbereich. In diesen Belangen hat er sich von uns abgeschottet und wir haben das nicht gutgeheißen. Und mit der Motivation hat er auch seinen Fokus verloren. Dabei war das immer seine größte Stärke. Dass er dadurch nicht mehr den Level halten konnte, war klar.

Mit der Umstellung im mentalen Bereich sprechen Sie Djokovic’ neuen, umstrittenen „Guru“ Pepe Imaz an?

Ja, das ist eine schwierige Situation. Ich mag Pepe, er predigt Love and Peace. Tennis ist aber ein Kampf – da kommt man nicht über Liebe und Frieden zum Erfolg. Aber wer die serbische Kultur kennt, weiß, dass solche Leute in diesem Bereich einen gewissen Einfluss haben. Boris Becker hatte schon recht, als er sagte, mit Pepe geht es nicht.

Würde Sie eine Zusammenarbeit mit Dominic Thiem reizen?

Auch wenn es sicher interessant wäre, muss man das laufen lassen, wie es jetzt ist. Dominic hat ein sehr gutes Umfeld, alle machen einen guten Job. Er selbst spielt tolles Tennis, hat auf der Tour ein super Image und ist ein Vorzeigemensch. Spielerisch kommt er jetzt in die Phase, wo er auch die ganz Großen schlagen muss. Und ich bin überzeugt, dass er es schafft.

Kann Djokovic nochmals an die alten Erfolge anschließen?

Novak ist mental und physisch gesehen ein Ausnahmeathlet. Wenn er will, kann er noch einmal dort hinkommen. Obwohl – ich bezweifle es. Zehn Jahre einhundert Prozent geben kosten unmenschlich viel Energie. Ich glaube, er wird es eher so wie Federer halten. Also weniger Turniere spielen und sich mehr auf Grand Slams fokussieren.

Und wie sieht Ihre Zukunft aus?

Die halte ich mir offen. Mich interessiert auch die Entwicklung von Sportstrukturen. Einmal sehen, was sich ergibt.