Ein Alleskönner im Ring, ein freundlicher Kerl im Leben: Anthony Joshua entspricht so gar nicht dem Klischee vom rüpelnden Schwergewichtsboxer. Der Brite hat auch nach seinem phänomenalen K.o.-Triumph über Wladimir Klitschko wieder das Bad in der Menge gesucht und lange mit seinen Fans gefeiert. Der neue Superstar muss weder protzen noch pöbeln und möbelt mit seiner sympathischen Art das Image des Profiboxens auf.

Wann immer es nach der mitreißenden Ringschlacht gegen Klitschko in Wembley möglich war, signalisierte Joshua: Ich bin einer von euch. Die Nähe des Superstars zu seinem Publikum ist Teil des Konzeptes von Manager Eddie Hearn, der noch viel vor hat mit dem Olympiasieger von 2012. Und das soll sich auszahlen. Joshua, so spekulieren bereits einige englische Medien, könnte der erste Milliardär des Boxsports werden.

Große Box-Euphorie in England

Die Euphorie fürs Boxen und speziell für Joshua ist auf der Insel enorm. Das bewiesen auch die 90.000 Fans, die zum Kampf der Superlative gegen Klitschko nach Wembley pilgerten. Zudem verfolgten über 1,2 Millionen Fans den Mega-Fight beim Bezahlsender Sky und sorgten damit in Großbritannien für einen neuen Pay-TV-Rekord.

"Der junge britische Boxer ist auf dem Weg, ein weltweites Phänomen zu werden, nachdem er Routinier Wladimir Klitschko in einem nervenaufreibenden Kampf bezwang", schrieb die britische Times nach dem Sieg in der 11. Runde durch TKO und prophezeite: "Anthony Joshua schlug sich seinen Weg in die Boxgeschichte und sicherte sich eine goldene Zukunft als Schwergewichts-Weltmeister."

Der 1,98 m große Modellathlet aus der Kleinstadt Watford nördlich von London hat nicht erst an diesem Samstagabend seine schwierige Kindheit hinter sich gelassen. "Ohne Boxen würde ich wahrscheinlich im Knast sitzen. Der Sport hat mein Leben gerettet", sagte der Sohn nigerianischer Einwanderer einst. 

Der Box-Gym als Wendepunkt im Leben

Erst 2008 entdeckte er das Box-Gym und fand dort ein Ventil. "Das war der Wendepunkt in meinem Leben", sagte er. Seitdem geht es mit Anthony Oluwafemi Olaseni Joshua steil bergauf, im vergangenen Jahr wurde es atemberaubend. Am 9. April 2016 sicherte sich der gelernte Maurer gegen den US-Amerikaner Charles Martin die Box-Krone der IBF. In der zweiten Runde schickte der Jung-Profi den US-Amerikaner auf die Bretter, bislang hat er alle 19 Kämpfe vorzeitig gewonnen. Weitere Siege sollen folgen - schließlich soll AJ ganz Großbritannien wieder zu einer Box-Nation machen.

Und die Gegner hoffen auf einen Kampf gegen den neuen Star-Boxer, zumal kein anderer  ein so großes Publikum und damit eine so große Böse verspricht. Klitschko, WBC-Champion Deontay Wilder oder auch Tyson Fury, die Liste der Kandidaten ist lang. Freuden dürfen sich auch die Box-Fans. Die Zeit der häufigen Langeweile im Schwergewicht neigt sich dem Ende zu - Anthony Joshua sei dank.