Vertrauliche Athleten-Informationen von den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro sind von einer Cyber-Spionage-Gruppe aus Russland gehackt worden, wie die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) am Dienstag bestätigte. Hinter dem Angriff steckt das "Tsar Team (APT28)", das auch als "Fancy Bear" bekannt ist und auf seiner Website www.fancybear.net das Material bereits teilweise veröffentlicht hat.

"Die WADA verurteilt diese Cyber-Attacken, mit denen versucht wird, die WADA und das globale Anti-Doping-System zu unterminieren", wurde WADA-Generaldirektor Olivier Niggli in einer Stellungnahme zitiert. "Die WADA wurde von den Strafverfolgungsbehörden informiert, dass diese Angriffe aus Russland erfolgen."

Die Hacker stellten vorerst nur Informationen über US-Athleten, darunter medizinische Ausnahmegenehmigungen der Tennis-Stars Serena und Venus Williams sowie von Ausnahmeturnerin Simone Biles, ins Netz. Gleichzeitig kündigten sie aber an, noch mehr vertrauliche Daten zu veröffentlichen. Neben der WADA verurteilte auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Angriff, der laut IOC nur das Ziel verfolge, "saubere Athleten zu beflecken".

Dopingliste

Sportler dürfen mitunter Medikamente einnehmen, die auf der Dopingliste stehen, müssen dafür aber eine medizinische Ausnahmegenehmigung vorweisen. "Das IOC kann bestätigen, dass die Athleten bei den Olympischen Spielen kein Dopingvergehen begangen haben", wurde deshalb am Dienstagabend mitgeteilt.

Aus Moskau kam auch schnell eine offizielle Stellungnahme: Eine mögliche Beteiligung der russischen Regierung oder des Geheimdienstes an der Cyber-Attacke gegen die WADA "steht außer Frage", wurde Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag von russischen Nachrichtenagenturen zitiert.

Familie Stepanow auf der Flucht

Das russische Leichtathletik-Team war mit Ausnahme der in den USA lebenden Weitspringerin Darja Klischina wegen staatlichen gesteuerten Dopings von den Olympischen Spielen in Rio ausgeschlossen worden. Diese Suspendierung durch den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) fußte auch auf Beweismaterial der russischen Whistleblowerin Julia Stepanowa, deren elektronische WADA-Akte ebenfalls gehackt worden war.

Die 800-m-Läuferin und ihr Mann Witali Stepanow, ein ehemaliger Mitarbeiter von Russlands Anti-Doping-Agentur (RUSADA), halten sich nach den Enthüllungen über systematisches Doping in der Russlands Leichtathletik aus Angst vor einem Attentat an einem unbekannten Ort auf. Nach Angaben der WADA hatte der Hacker-Angriff dem Konto Stepanowas im Athleten-Meldesystem ADAMS gegolten, in dem die Sportler ihre Aufenthaltsorte für Dopingkontrollen eintragen müssen. Jemand hatte sich illegal das Passwort zu Stepanowas Account verschafft.

Reaktion aus Russland

Russlands Sportminister Witali Mutko hat den Angriff von Hackern auf die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) scharf kritisiert. "Wenn so etwas in Russland geschieht, werden die Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Daten müssen geschützt sein", sagte Mutko am Mittwoch der Agentur Tass zufolge in Moskau. Russland sei besorgt über die Veröffentlichung vertraulicher Daten von US-Topathletinnen.

"An einer solchen Attacke ist nichts Gutes. Wir fürchten, dass dies auch russischen Sportlern geschehen könnte", sagte er. Mutko äußerte sich skeptisch über Spekulationen, dass die Täter russische Hacker gewesen seien. "Es scheint ein Trend zu sein, dass Russland für alles verantwortlich gemacht wird. Aber wo sind die Beweise?" Moskau habe nie behauptet, dass es keine Probleme mit Doping im Riesenreich gebe. "Aber das gibt es auch in anderen Ländern. Warum wird nur über Russen gesprochen?"