Die Erleichterung war Lovro Zvonarek anzumerken. „Endlich“, sagte der Offensivspieler nach seinem Debüttreffer für Sturm – den Treffer zum 2:1 gegen den LASK. Der 19-jährige Kroate ist anderes gewohnt. Fünf Mal spielte er in der Vorsaison für den FC Bayern, stand zwei Mal in der Startelf und erzielte auch schon sein erstes Tor in der Deutschen Bundesliga. Dass ein vielversprechender Spieler des FC Bayern nun ausgerechnet bei Sturm – leihweise – den nächsten Schritt macht, ist kein Zufall. „Er muss, wenn es darum geht, mit dem Ball Fußball zu spielen, relativ wenig dazulernen. Aber wenn es darum geht, zu pressen, hat er noch Potenzial“, erklärt Jochen Sauer, bei den Bayern als „Direktor Nachwuchsentwicklung“ für die Arbeit mit den Talenten zuständig, im Rahmen des Talent Development Summit 2024 von Anton Paar. Genau dieses Defizit, hofft man bei Bayern, lässt sich durch die Arbeit bei Sturm und mit Cheftrainer Christian Ilzer ausmerzen. Außerdem: „Er hat bei Sturm einen gewissen Leistungsdruck, weil wenn eine Mannschaft das Double geholt hat, will sie wieder Meister werden. Das muss er auch bei uns. Deswegen ist er der richtige Schritt“, erklärt Sauer.

Bei den Bayern ist Geduld gefragt

Bei Bayern hat diese Herangehensweise bei Leihgeschäften mit den größten Talenten durchaus Tradition. Sauer präsentiert ein prominentes Beispiel. Malik Tillman, den die Bayern an PSV Eindhoven verkauft haben und der dort Champions League spielt, hat bei den Glasgow Rangers jenen Schritt gemacht, den sich die Verantwortlichen von Zvonarek bei Sturm erwarten. „Bei Malik haben wir erkannt, er ist ein bisschen weich, hat manchmal aber nach zwei guten Aktionen, eine Art, im Spiel abzuschalten. Das geht in Schottland nicht, da ist ein Fan-Druck da, da musst du das ganze Spiel rennen. Das hat ihm am Ende den Step gebracht, heute in der Champions League zu spielen.“

Jochen Sauer war zu Gast beim Talent Development Summit 2024 von Anton Paar
Jochen Sauer war zu Gast beim Talent Development Summit 2024 von Anton Paar © Anton Paar

Am liebsten wäre den Bayern natürlich, dass die Talente aus dem eigenen Nachwuchs beim deutschen Rekordmeister Fuß fassen. „Wenn es darum geht, die Spieler im täglichen Geschäft auszubilden und zu trainieren, ist es kein anderer Job als auch bei einem anderen Klub. Es geht immer darum, Fußball zu spielen und zu trainieren. Die Herausforderung bei einem Klub wie Bayern ist aber, unseren Jungs ein Level beizubringen, das es dann ermöglicht, auch beim FC Bayern zu spielen. Und damit um den Champions-League-Titel. Es geht bei uns einfach darum, Titel zu gewinnen.“ Bei kleineren Klubs wäre der Schritt von der ältesten Nachwuchsmannschaft zu den Profis kleiner und daher leichter zu bewerkstelligen. „Wir müssen den Spielern auch vermitteln, dass sie geduldig sein müssen. Der Weg zum FC Bayern kann ein langer sein.“

100.000 Euro brutto für jeden Zweiten

Und doch hat man sich bei den Bayern intern zum Ziel gesetzt, pro Jahrgang einen Spieler dauerhaft im Trainingskader der Profimannschaft von Trainer Vincent Kompany zu haben. „Wir können den Spielern und Eltern nicht sagen, dass sie zum FC Bayern kommen sollen und damit automatisch Profis werden. Das wäre eine glatte Lüge“, sagt Sauer. „Wenn wir es schaffen, Spieler auf ein professionelles Fußballlevel zu bringen, haben wir unser Ziel als Bayern München erreicht.“ 20 Ligen wurden von den Bayern identifiziert, in denen Spieler 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen können. Mittlerweile steht man bei einer Durchlässigkeit von 40 Prozent in eine dieser Ligen. „Das moralische Ziel wären 50 Prozent“, sagt Sauer. „Einer von zwei soll mit dem Beruf Geld verdienen können, wenn er Gas gibt. Das ist auch der Anreiz motiviert zu bleiben. Wenn ich dem Spieler sage, zu Bayern München schafft es nur einer von 1000, dann kann ich ihn gleich wieder nach Hause schicken.“

Dass Zvonarek bei Sturm Einsatzzeit bekommt, wird von den Bayern freilich nicht verlangt. „Im Endeffekt muss sich der Spieler behaupten und durchsetzen“, sagt Sauer. Die Bayern versuchen aber freilich, die Wahrscheinlichkeit auf Spielzeit zu maximieren. „Durch die Champions League hat Sturm viele Spiele und die Wahrscheinlichkeit auf Spielzeit ist groß.“ Weitere Punkte, auf die geachtet wird: „Wie qualitativ gut ist das Mittelfeld, gibt es einen ähnlich alten Spieler oder nicht. Alles, was wir erwarten, ist eine faire Chance auf Einsatzzeit.“ Dementsprechend wird auch Kontakt gehalten: Sauer und Christoph Freund waren im regelmäßigen Austausch mit Sturms Ex-Sport-Geschäftsführer Andreas Schicker. Richard Kitzbichler, verantwortlich für die Leihspieler, hält mit Zvonarek Kontakt.