Ein paar Mal habe er sich in der Coaching Zone zwicken müssen, erzählte Christian Ilzer: „Ein Abend, den man nicht so schnell vergessen wird. Was die Jungs heute aufgeführt haben, war großartig. Man darf nicht vergessen, dass der Gegner Red Bull Salzburg war. Diese Art und Weise, Salzburg zu dominieren, war schon ganz große Klasse und ein Topspiel von uns in allen Facetten“, strahlte der Sturm-Trainer nach dem 5:0-Kantersieg des Doublesiegers gegen den Vizemeister.
Würdiger Abschied für Andreas Schicker
Viel würdiger konnte man das vermutlich letzte Spiel von Andreas Schicker, der seinen Wechselwunsch in die deutsche Bundesliga zu Hoffenheim offiziell gemacht hat, als Geschäftsführer Sport nicht gestalten. Nach jahrelanger Aufbauarbeit des Sportchefs hat Sturm den „Bullen“ vergangene Saison sportlich den Rang abgelaufen und in diesem Aufeinandertreffen für einen neuen Paukenschlag gesorgt.
Es war von der ersten bis zur letzten Minute eine Gala, die Sturm hinlegte und damit das Publikum in Liebenau begeisterte. „Wir haben genau das getan, was Sturm-Graz-Spieler tun: früh pressen und mit hoher Energie spielen. Dafür haben wir uns mit fünf Toren belohnt“, meinte Mika Biereth, der für drei dieser Treffer zuständig war und verständlicherweise allerbeste Laune hatte. „Wahrscheinlich war es das beste Spiel in meiner Karriere“, fand der Däne, „es war mein erster Hattrick im Profibereich. Diesen Tag werde ich mir noch lange merken.“
Der Kommentar zum Spiel
In Minute 30 versenkte der Stürmer völlig alleingelassen einen Kopfball zum 2:0, in Minute 50 erhöhte er nach einem Fehlpass von Kamil Piatkowski mit einem präzisen Schuss, in Minute 62 schloss Biereth eine herrliche Kombination aus kurzer Distanz ab. Für das erste und das fünfte Sturm-Tor des Tages zeichneten jeweils schwarz-weiße Debüt-Torschützen verantwortlich. Das 1:0 ging auf das Konto des abermals groß aufspielenden Malick Yalcouyé (15.), Emanuel Aiwu (76.) komplettierte das Schützenfest per Kopf nach einem Eckball. Weitere Treffer wären möglich gewesen.
„Es war ein guter Arbeitstag. Aber für die Meisterschaft bedeutet das ehrlicherweise noch nicht viel, dafür dauert die Saison noch zu lange“, erklärte Biereth. Trotzdem war es ein Wirkungstreffer gegen erschreckend wehrlos auftretende „Bullen“, bei denen Trainer Pep Lijnders speziell seine überforderte Viererkette nach Schlusspfiff in die Pflicht nahm und zugab: „Wir waren ein Schatten unserer selbst.“
Mit Sturm traf Salzburg jedoch auch auf einen Gegner, der diverse Unzulänglichkeiten eiskalt zu nutzen vermochte. „In diesem Spiel hat die Mannschaft das erste Mal richtig ihr Gesicht gezeigt“, sagte Ilzer. In den vergangenen Spielen ging es Schritt für Schritt bergauf. Schon in dieser Phase verwies der 46-Jährige auf das enorme Potenzial des heurigen Sturm-Kaders, in diesem „nahezu perfekten Spiel“ wurden definitiv viele Teile ins Puzzle eingepasst.
Ilzer verwies darauf, dass die Champions-League-Niederlagen gegen Brest und Brügge in der Öffentlichkeit nicht richtig eingeschätzt worden seien. Während es von außen Kritik hagelte, hätten seine Spieler in diesen Partien wichtige Erfahrungen gesammelt. „Man lernt auch, wenn man verliert. Im Fußball ist es ein großes Problem, dass zu oft Emotionalität von außen reinkommt und man dann Wege verlässt“, fühlte sich der Coach darin bestätigt, die interne Marschroute Schritt für Schritt durchgezogen zu haben.
Seinen Spielern erklärt Ilzer immer wieder, dass jede Gesellschaft ihre Helden braucht. „Auf dem Weg nach oben wirst du supportet, kriegst viel Energie von außen. Aber sobald du oben bist, ist nur interessant, wie der Held wieder nach unten fällt. Deswegen müssen wir von innen unfassbare Energie generieren. Diese Arbeit hat in diesem Spiel zu einem sehr guten Ergebnis geführt.“
Gelingt es, weiter an diese Arbeit anzuschließen, ist das Potenzial für eine neue Heldengeschichte fraglos vorhanden. Dies bezeugt auch die Tabellenführung nach dem ersten Heimsieg gegen Salzburg seit der Rasmus-Hojlund-Gala am 30. Juli 2022.