Hartberg, der Vierte. Nach Markus Schopp, Kurt Russ und Klaus Schmidt steht heute das erste Mal der vierte Bundesliga-Cheftrainer den Hartbergern vor. Die WSG aus Tirol – betreut vom Oststeirer Philipp Semlic – ist in Hartberg zu Gast, wenn der Wiener Manfred Schmid die Blau-Weißen aufs Feld schickt. Für den 53-Jährigen ist es der dritte Job in der Bundesliga, die Wiener Austria und den WAC hat Schmid bereits in der höchsten Spielklasse betreut. Davor war er jahrelang als Co-Trainer von Peter Stöger unterwegs und auch als Chefscout tätig: unter anderem beim 1. FC Köln und Borussia Dortmund.
Da ist Hartberg jetzt freilich eine ganz andere Liga. Das „Ramba-Zamba“ aus Dortmund und Köln hat Schmid aber ohnehin nicht immer getaugt, erzählt ein Wegbegleiter. Auch, weil dem Wiener das „Beschauliche“ durchaus taugt, wo er auch Spieler entdecken und entwickeln kann. Das ist ihm sowohl bei der Austria als auch beim WAC durchaus gelungen. Matthias Braunöder etwa hat bei den Veilchen vor allem unter Schmid gespielt.
Beim WAC hat er auf Nikolas Veratschnig gesetzt, der mittlerweile in der Deutschen Bundesliga bei Mainz 05 spielt. Thierno Ballo war kurz davor, in der Versenkung zu verschwinden, unter Schmid spürte er das Vertrauen – und war mittlerweile im ÖFB-Nationalteamkader. Augustine Boakye hat vom Wiener das Vertrauen bekommen und wurde nach Frankreich verkauft, Mohamed Bamba hat Schmid in Israel entdeckt und nach einem halben Jahr für die WAC-Rekordsumme von fünf Millionen nach Frankreich verkauft. „Wenn er einem jungen Spieler vertraut, dann lässt er ihn nicht fallen“, sagt ein Beobachter der Arbeit von Schmid. Aber auch – am Beispiel von Dominik Fitz festzumachen: „Wenn die Einstellung bei einem Spieler nicht passt, dann wird es hart.“ Zusatz: „Dann kann er in seiner Entscheidung auch beharrlich bis stur sein.“
Nicht unbedingt, was die eigene Grundordnung betrifft. Da gilt Schmid grundsätzlich als Verfechter der Viererkette, zeigt sich aber taktisch flexibel, wenn eine Dreierkette der eigenen Mannschaft – oder dem Gegner – besser zu Gesicht steht. Etwas, was es in den letzten eineinhalb Jahren unter Schopp in Hartberg gar nicht gegeben hat – da war jedes Mal die Viererkette gesetzt. Bei der Wiener Austria hielten sich Dreier- und Viererkette noch die Waage, beim WAC wurde dann durchaus öfter ein System mit Dreierkette bevorzugt.
Manfred Schmid setzt auf seinen Stamm
Grundsätzlich vertraut der Wiener gerne auf eine Stammelf. Gerade bei der Wiener Austria wäre ihm das durchaus ein bisschen auf den Kopf gefallen. Gerade Manfred Fischer oder Braunöder hätten – trotz Europacup – die ganze Saison durchgespielt und waren dementsprechend „am Zahnfleisch“. Aus Kärnten hört man: „Die Tür ist nie zu. Aber wenn ein Gerüst einmal steht, sind die großen Änderungen nicht mehr zu erwarten.“ Gerade bei der Wiener Austria hat Schmid die Mannschaft sehr gut erreicht und mitgenommen. Die Lobby unter den Fans war für Schmid – als Vereinslegende – enorm. Da war es auch egal, dass er gleich zu Beginn seiner Amtszeit gegen Breidablik in der Qualifikation um das internationale Geschäft gescheitert ist. Dass er danach öffentlich die Mannschaft kritisiert hat, war überraschend. „Das hat es danach aber so nicht mehr gegeben“, sagt ein Beobachter. Aus Kärnten hört man: „Bei Niederlagen kann die Selbstkritik schon auch lauter ausfallen, bei Serien soll nicht gleich geträumt werden.“ Mit interner Kritik, hört man, kommt er eher schlecht zurecht. Als bodenständiger Typ wäre er zwar durchaus bereit, das Gespräch mit Mitarbeitern zu suchen. „Auf wiederholte Kritik reagiert er allergisch“, heißt es.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es Schmid gelingt, die Mannschaft in Hartberg von seiner Idee zu begeistern, ist groß. Mit Cem Sekerliogliu hat er auch seinen absoluten Vertrauensmann an der Seite. Sekerliogliu gilt als Spaßvogel, Menschenfänger und überragender Co-Trainer – so wie es Schmid einst war. Von dieser Rolle hat sich der 53-Jährige aber längst emanzipiert und wahrt jene Distanz zur Mannschaft, die als Cheftrainer gewahrt werden muss. Auch fußballerisch könnte der Kader der Hartberger zum Stil des Wieners passen. Denn auch, wenn Schmid vielleicht nicht so sehr auf die spielerische Note setzt, wie Schopp: Gekickt soll unter Schmid werden. „Beim WAC wurde in der ersten Saison die Defensive stabilisiert, dann wurde auch wieder gespielt, wie Schmid das will“, hört man aus Kärnten. „Er will schönen Fußball sehen, ich glaube das kann passen“, heißt es aus Wien.
Am besten schon heute gegen die WSG. Die Hartberger warten auf den ersten Sieg in der laufenden Spielzeit, stehen am Tabellenende – könnten mit einer erfolgreichen Woche, nach der WSG kommt am Sonntag Altach in die Oststeiermark, in der Tabelle aber einen ordentlichen Sprung nach vorne machen.