Büro mit Blick auf den Trainingsplatz am Wörtherseestadion und die Berge dahinter. Es gibt durchaus schlimmere Arbeitsplätze. Günther Gorenzel (53) sitzt an seinem Schreibtisch und hat auf dem Bildschirm vor sich eine Vision, die er im Gespräch erklärt. „Ich bin ein Kärntner, bin im Lavanttal groß geworden. Wir brauchen hier mehr gemeinsam“, sagt der Geschäftsführer von Austria Klagenfurt vor dem Derby am Samstag beim WAC, „Nur wenn wir das hier verstehen, nur dann werden wir wieder eine Fußball-Begeisterung auslösen. Ohne Breite gibt es keine Spitze. Und je breiter die ist, so höher kann ich hinaufbauen. Als WAC und Austria Klagenfurt.“
Der Macher wünscht sich eine neue Struktur im Bundesland. Speziell was den Nachwuchs angeht, der die Zukunft ist. „Wir müssen den Stellenwert des Fußballs mehr in die Gesellschaft rücken. Es geht darum Kinder zum Sport zu bringen, Fußball ist gelebte Integration und Multikulti. Wir brauche mehr ehrenamtliche Funktionäre und Trainer. Wenn sich jeder nur Gedanken in seiner Suppe macht, wird nichts geschehen. Ich habe den Verantwortlichen der Sportpolitik im vergangenen Herbst ein Konzept vorgeschlagen. Wie schaffe ich es z.B. Synergien zwischen Akademien zu schaffen? Aber das ist bislang gescheitert, weil das Gemeinsam nicht verstanden wird. Warum schaffen das andere Bundesländer? Wir holen zuwenig aus dem Potenzial in Kärnten raus. Das ist im Tourismus und der Wirtschaft auch so.“
Mehr als zwanzig Jahre war Gorenzel weg von Kärnten. Der Rückkehrer hat den großen Fußball u.a. in Deutschland und Russland gesehen und dort Erfahrungen gesammelt. Er will kein Einzelkämpfer sein und sagt jetzt: „Wenn wir von einem Jahrgang einen in den Profi-Fußball bringen, haben wir es geschafft. Aber horrende Ausbildungsentschädigungen sind ein Hemmschuh. Dafür braucht man Sportförderungen. Denn ansonsten ist und bleibt man abhängig von Einzelpersonen. Und das ist nicht immer förderlich. Wir müssen es schaffen aus der eigenen Region wirtschaftliche Mittel zu generieren.“
Bei einem Trainerkongress vor wenigen Tagen in Deutschland tauschte sich der zweifache Familienvater mit Jürgen Klopp, Alex Zorniger, Domenico Tedesco und Co aus. „In Deutschland ist Fußball Kulturgut. Bei uns in Kärnten ist es irgendwann verloren gegangen. Aber es ist meine Mission, das wieder in meiner Heimat wiederzubeleben. Wir hatten in Klagenfurt selbst 2001 noch einen Schnitt von 10 000 Zuschauern, die Fußball-Begeisterung war in dem Land.“ Es könne nicht der Kärntner Weg sein, wenn durch die Partien von Sturm Graz eine Wertschöpfung entstehe, aber diese nicht aus dem eigenen Land komme: „Sonst bin ich hier fehl am Platz und müsste meine Konsequenz ziehen. Ich will für Kärnten etwas bewegen.“
Geld schießt bekanntlich Tore. Und die Austria ist ein Ausbildungsverein. Der Umbruch sei daher sportlich und wirtschaftlich alternativlos gewesen, sagt er. Die Umstände am Stadion sind ebenfalls oft problematisch: „Natürlich leidet das Tagesgeschäft, natürlich wird unser Trainingsbetrieb beeinflusst, wenn Großveranstaltungen im Stadion stattfinden. Wir sind Mieter, aber klar würden wir uins mehr Rücksicht auf unsere Abläufe wünschen. Wenn der Mieter Rammstein kommt, dann seh ich natürlich ein, dass du kürzer treten musst. Aber es wäre dennoch wünschenswert, dass wenn z.B. Paris Saint Germain demnächst hier spielt, es nicht so ist, dass das kleine Austria Klagenfurt ausziehen muss. Das muss machbar sein in diesem riesigen Gebäude.“
Zur jüngsten anonymen VDV-Umfrage unter den Bundesliga-Profis, die den beiden Kärtner Bundesligisten eine grauenvolle Zahlungsmoral und schlechte strukturelle Bedingungen bescheinigte, nimmt Gorenzel wie folgt Stellung: „Wir bestehen in dieser Organisationsform seit 4 Jahren. Wir sind Mieter in einem Stadion. Es ist in unserer Bilanz absehbar, dass mehr ausgegeben als eingenommen wurde. Dass es die ein oder andere Hürde da gibt, ist selbsterklärend. Die Umfrage und das Ergebnis ist zu akzeptieren. Aber das ist ja das Thema: Wenn wir die Grundlagen gemeinsam verbessern, wird sich das Ergebnis verbessern. Und wir sind nicht tatenlos: Wir haben z.B. unsere medizinische Abteilung mit einem Kooperationspartner erweitert.“ Wird bei Austria aber das Gehalt tatsächlich zu spät bezahlt? „Unsere Buchhaltung ist in Deutschland. Allein aufgrund dessen gibt es Verzögerungen. Aber wir strukturieren diese Dinge um“, stellt er klar.