Für Beach-Volleyballer Steven van de Velde wird sein Olympia-Debüt in Paris immer mehr zu einem Desaster. Der Niederländer zeigte sich bei seinem von Pfiffen und Buhrufen begleiteten Auftritt am Sonntag schweigsam, der Sport verkommt zur Nebenrolle. Acht Jahre, nachdem Van de Velde in England wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, holt die Vergangenheit den Athleten beim größten Sportevent der Welt ein.
Die Partie, die Van de Velde mit seinem Partner Matthew Immers gegen das italienische Duo Alex Ranghieri/Adrian Carambula verlor (20:22, 21:19, 13:15), verkam zur Nebensache. Anders als Van de Velde stellte sich sein Teamkollege Immers im Anschluss den Journalisten. „Hat Steven Ihnen gegenüber je Reue gezeigt?“, wurde der Sportler etwa gefragt. „Haben Sie vor Olympia erwogen, nicht mit Steven anzutreten?“, wollte ein weiterer Reporter wissen. „Ihnen ist schon klar, dass das damals ein zwölfjähriges Mädchen war, oder?“, blaffte ein anderer Journalist hörbar entrüstet.
Vor Olympia-Beginn hatte eine Petition gefordert, den Sportler auszuschließen. Das IOC sei nicht „glücklich und zufrieden“ mit der Situation, sagt Sprecher Mark Adams. Allerdings habe Van de Velde das Recht auf Rehabilitation. Van de Velde übernachtet nicht im olympischen Dorf.
Vergewaltigung einer Zwölfjährigen
Er war 2016 von einem englischen Gericht wegen Vergewaltigung einer Zwölfjährigen zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Zum Tatzeitpunkt war Van de Velde 19 Jahre alt. Insgesamt verbrachte er etwas mehr als ein Jahr im Gefängnis, nachdem er von Großbritannien an die Niederlande überstellt worden war. Danach sprach er in einem TV-Interview vom „größten Fehler meines Lebens“. Er könne das Geschehen nicht rückgängig machen und müsse dafür die Konsequenzen tragen.
Der Fall überschattet die sportlichen Auftritte mit Partner Immers enorm. Dieser zeigte sich enttäuscht über die große - negative - Aufmerksamkeit. „Ich kenne den Typen seit drei, vier Jahren, wir haben jedes Turnier zusammen gespielt. Und erst jetzt gibt es darüber diese große Diskussion“, klagte der Sportler. Er würde sich wünschen, die Vergangenheit abzuhaken - das ist wohl ein unrealistischer Wunsch.