Nicht selten kommt es vor, dass der besonders schmackhafte Kuchen im Cycling Planet von Alaro einem ermatteten Radler genug Energie für den Heimweg liefert. Das schmucke Café und Radgeschäft, durchaus zentral auf Mallorca gelegen, stellt selbst für Profis ein Pflichtbesuch dar, wenn sie auf der „Insel“ an der Form feilen. Der Mechaniker des Hauses, der gelegentlich auch im Service aushilft, ist David Muntaner, mehrfacher spanischer Meister im Bahnradfahren und auch Weltmeister von 2014. Da liegt es nicht fern, dass auch Österreichs Bahn-Asse kurz vor den Spielen im Cycling Planet einkehren. In Ermangelung einer Bahn in der Alpenrepublik sind Max Schmidbauer und Co auf die Baleareninsel geflogen, um im Oval von Palma oder auf den Straßen der Insel zu trainieren.
Eigentlich, sagt Schmidbauer, war er ja ein Läufer. Ob er es auf zwei Beinen zu Olympischen Würden geschafft hätte, kann er nicht mit Sicherheit sagen. Es ist auch nicht von Relevanz, denn das Schicksal hatte einst einen anderen Weg für den jungen Wiener parat. „Wir waren oft im Ferry-Dusika-Stadion beim Training. Da habe ich die Bahnradfahrer gesehen und bin einmal Schnuppern gegangen.“ Aus dem schnuppernden Buben von elf Jahren ist ein stattlicher Herr geworden. Mit dem Gardemaß von 190 muskelbepackten Zentimetern bringt er 80 Kilogramm auf die Waage. Mit rund 430 Watt kann er für eine Stunde in die Pedale treten – die Leistung eines Stabmixers. „Die durchschnittliche Leistung ist auf der Bahn beim Madison gar nicht so groß. Es geht um die Spitzen und wie lange du 500 Watt fahren kannst.“
Beim Madison, das er am 10. August gemeinsam mit Tim Waffl fahren wird, geht es um das Holen von Punkten und das im Team. „Einer ist im Rennen und der andere fährt ganz oben auf der Bahn. Nach zweieinhalb Runden wird dann gewechselt.“ So kommt es zu einem Stundenmittel von fast 60 Kilometern und das Rennen wird zu einer Angelegenheit von harten 50 Minuten. „Wenn du eine Ablösung verpasst, kann das fatal enden. Einmal geht es vielleicht gut, aber kein zweites Mal.“ Alle zehn Runden werden Punkte vergeben, überrundet man die Konkurrenz, gibt es auch Zählbares.
Das Team besteht meist aus einem agilen Fahrer, der auf die Wertungen geht und einem „Motor“, der konstant die Position verteidigen und Tempo machen kann. Schmidbauer ist zweiterer Sorte. „Auf der Bahn ist alles ein wenig intensiver, die Positionskämpfe, der Körperkontakt.“ Und dennoch sei es dem Straßenrennen nicht unähnlich. „Es gibt auch hier das Feld und die Attacken – sie werden auf der Bahn aber mit Punkten besser belohnt“, sagt der Heeressportler. Nach Paris sind die beiden nicht der Erfahrung wegen unterwegs. Sie wollen für eine Überraschung sorgen. „Natürlich wollen wir eine Medaille“, sagt Schmidbauer, „auch wenn sie vielleicht nicht realistisch ist. Aber wir sind noch ein junges Team und für uns war die knappe Qualifikation schon ein riesengroßer Erfolg.“
Die Bahn erfreut sich international einer wesentlich größeren Beliebtheit als in Österreich. „Früher wurden im Dusika auch große Rennen ausgetragen. Dann gab es weniger Geld, weniger Marketing, weniger Rennen – es war eine Abwärtsspirale, bis sie uns die Bahn weggerissen haben.“ Daher beschränkt sich das Training auf eine Privatbahn in Linz, eine Traglufthalle in Novo Mesto (SLO) und Mallorca. Auf der Baleareninsel hat der Bahnsport eine große Tradition, so sind in der Kirche Sant Salvador – einem beliebten Radziel im Osten – einige Weltmeistertrikots aus vergangenen Zeiten zu bestaunen.
Nach den ersten Runden auf der Bahn hat den Wiener auch das Straßenrad in seinen Bann gezogen. Von Wien aus wechselte er in die Steiermark zu Friesis Bikery und schließlich zu WSA Graz. „Das Team ermöglicht mir, dass ich mich auf die Bahnrennen perfekt vorbereite und unterstützt mich dabei.“ Heuer gewann er schon die Trofeo Cinelli (CZE). Eigentlich hätte er auch die Tour of Austria bestreiten sollen, doch krankheitsbedingt musste er drei Tage vorher absagen. Rechtzeitig vor den Spielen ist er wieder fit und bereit für die Planken der Bahn.