„Was spuckt denn dieser Drache da?“ - Neugierig steht David Toshevski (23) vor dem Lindwurmbrunnen und lässt sich Klagenfurter Stadtgeschichte erklären, ehe er selbst als Herkules posiert Der junge Stürmer fühlt sich in seiner neuen Fußballer-Heimat sichtlich wohl und nutzt jede Chance, dazuzulernen. Wie auch auf dem Platz. Denn der schnelle „Zehner“ von Austria Klagenfurt hat schon achtmal in den Vorbereitungsspielen eingenetzt, geht als Hoffnungsträger der Violetten in die neue Saison. Ob er auch heute Abend trifft? Dann startet der Pflichtspielkalender mit dem ÖFB Cup-Gastspiel bei Regionalliga-Aufsteiger Gloggnitz (19 Uhr).
Wie alles begann? Als Kind verfolgte er begeistert den FC Chelsea und bewunderte die Granden Diego Costa und Didier Drogba. Nach letzterem benannte er seinen schwarzen Lieblingsfisch im heimischen Aquarium. Ein Leben für den Fußball nahm seinen Lauf: Denn gerade mal 23, hat der Bua schon einiges in seiner noch jungen Laufbahn erlebt. „Kann man wohl sagen“, sagt „TORshevski“ mit einem Schmunzeln, „ich kam aus Makedonien quasi als Novize und Teenager nach Russland. In Rostow habe ich viel von Trainer Walerij Karpin gelernt. Als ich dort ankam, merkte ich was professioneller Fußball ist. Es wurde maximaler Wert auf Disziplin gelegt. Niemand sprach englisch dort. Ich war gezwungen schnell die Sprache zu lernen. Aber leider warfen mich Verletzungen zurück. So stimmte ich zu, nach Polen zu Gornik Zabrze ausgeliehen zu werden.“
Tipps von Weltmeister Lukas Podolski bei Gornik Zabrze
Dort traf er auf die deutsche Legende Lukas Podolski. „Ein großer Name, aber dieser Typ ist so nett. Er hat mir gute Ratschläge gegeben und mir sehr geholfen“, erinnert sich TORshevski an den Weltmeister von 2014 mit polnischen Wurzeln, der seine ruhmreiche Karriere dort ausklingen lässt: „Er riet mir, im Strafraum ruhiger zu werden, den Gegenspieler und auf dessen Beine mehr zu achten. Er war unglaublich: Nach dem Training nahm er mal zehn Bälle und knallte aus 20 Metern drauf. Acht davon waren drin. Aber nicht als Alibi-Schüsse. Das waren alles Traumtreffer. Dann probierte ich es auch - kein Vergleich.“
Doch die Reise ging weiter. Bevor er nach Klagenfurt kam, gab es noch unsägliche Leih-Stationen in der Slowakei. „Es war eine schnelle und sehr schlimme Entscheidung von mir. ich wollte einfach spielen. Aber das Niveau dort in der Slowakei war einfach schlechter. Und dazu kam ein grauenhafter Vorfall: Die Stadt liegt nur 13 km weg von der ukrainischen Grenze. Eines Morgens wachte ich auf und sah zig Anrufe aus Russland auf meinem Handy. Plötzlich klingelte es bei mir an der Tür. Ein hoher Funktionär des Klubs stand vor der Tür und war betrunken. Er stand da, mit einem Bier in der Hand, wurde aggressiv und machte mich tatsächlich für die gerade begonnene russische Invasion verantwortlich, weil ich ja schließlich von einem russischen Klub ausgeliehen sei. Ich antwortete ihm: „Was wollen Sie? Ich bin kein Russe, ich bin Makedone“. Ich war geschockt und wusste: Es war Zeit auch von hier wegzugehen.“
Die Odyssee durch Europa hat nun mit dem Engagement bei den Waidmannsdorfern sein vorläufiges Ende gefunden. TORshevski schnappte sich direkt ehrgeizig die Nummer 10 und setzt sich hohe Ziele: „Die Tore in der Vorbereitung sind fürs Selbstvertrauen sehr wichtig. Ich mag es unter Druck zu stehen. Die Nummer 10 ist kein Witz. In meinem Kopf habe ich: 10 Tore will ich in der neuen Saison mindestens machen. Wenn ich gesund bleibe, kann ich das schaffen“, sagt er und schwärmt von den neuen Kollegen, „das Durchschnittsalter unserer Truppe ist 22,9. Wir sind hungrig und haben großes Potenzial.“ Mit Coach Peter Pacult verständigt er sich wegen der Sprachbarriere auf dem Platz noch mit Händen und Füßen. Ausgegebenes und gepredigtes Saisonziel der Austria ist demütig der Klassenerhalt, doch nach oben sollen keine Grenzen gesetzt sein. Da ist der Cup-Wettbewerb natürlich auch eine Chance.
Auf dem rechten Schienbein hat TORshevski seine Ziele durch ein Tattoo definiert. „T5“ - denn TORshevski „will bald in einer der fünf größten europäischen Ligen spielen und bestehen“. In wenigen Tagen wird seine Familie zu Besuch kommen, um ihn zu unterstützen. Dann kann er ihnen selbst die Legende vom Lindwurm erklären...