Das Video von der ersten Etappe der Tour de France ging viral. Mark Cavendish, nur noch im Windschatten seiner Teamkollegen von „Astana“, musste sich während der Fahrt übergeben. So gezeichnet war der Sohn der „Isle of Man“ von den Strapazen und der Hitze. Einer der ganz großen Radsportler schien am Boden. Von vielen bereits abgeschrieben, hat der 39-Jährige allerdings eindrucksvoll gezeigt, welch unbändiger Wille und Kraft noch in ihm stecken. Auf der fünften Etappe wurde er von seinem Team bis zum letzten Kilometer eskortiert und dann schlug er in seiner unverkennbaren Manier zu.
Cavendish schien eingeklemmt. Dennoch pflügte er sich seinen Weg quer durch die sprintende Spitze des Feldes, fand einen Platz, wo eigentlich keiner war und dann riss er die Hände in die Höhe. Er siegte wieder. Zum 35. Mal hat der Weltmeister von 2011, der mit seinen Allüren immer wieder für Aufsehen und auch Ärgernis sorgt, eine Etappe beim größten Radrennen der Welt gewonnen. Es war zudem sein 165. Profisieg. „Wir waren als Team heute nicht da, wo wir sein wollten. Aber die Jungs haben improvisiert und ich konnte schauen, wo ich mich am besten platziere und ich war in der Lage zu gewinnen. Ich bin physisch nicht der Allerstärkste. Da hilft es, wenn man in der Lage ist, seinen Kopf zu benutzen“, sagte Cavendish.
Damit hat er jenen Rekord für sich alleine, den er sich zuvor mit dem „Kannibalen“ Eddy Merckx (34 Siege) geteilt hatte. Und das gelang ihm im 21. Jahr seiner Profikarriere. „Astana ist ein Risiko mit mir eingegangen dieses Jahr, um zur Tour zu kommen und wenigstens eine Etappe zu gewinnen. Das ist ein sehr großes Risiko für meinen Chef Alexander Vinokourov. Aber er ist selbst Ex-Profi, er weiß, was die Tour de France bedeutet. Und wir haben es geschafft“, sagte Cavendish und meinte: „Die Tour de France ist größer als der Radsport.“ Für einen weiteren Rekord müsste er in zwei Jahren noch einmal zuschlagen: Pino Cerami (BEL) wurde 1963 mit 41 Jahren und 95 Tagen der älteste Etappensieger der Tourgeschichte.
Tadej Pogačar konnte 60 Kilometer vor dem Ziel einen Sturz verhindern – auch Gregor Mühlberger lag am Boden – und hat das Gelbe Trikot verteidigt.