Andere investieren in einen Flachbildschirm in der Größe eines Tennisplatzes, ich kümmere mich um Erste-Hilfe-Kasten samt Defibrillator und Notarzt, weil ich bei Österreichspielen immer zerfalle. Manchmal ist man so auf ein Problem fixiert, dass man gar nicht mitbekommt, es ist längst gelöst. Am Abfluggate stand ein Verzweifelter, der sein Handy über dem Scanner schwenkte, wild schimpfte und gar nicht sah, das Türchen stand längst offen. Im Frühstücksraum eines Hotels erschien eine aufgelöste Dame, die sich laut beschwerte, verschlafen zu haben, jetzt hungrig in den Tag müsse, ohne zu sehen, das Büfett war noch in voller Pracht vorhanden.

Ob es für das Wintersportland Österreich ein Problem ist, ausgerechnet gegen zwei Skifahrernationen zu spielen? Zum einen die bitteren Orangen, für die ein gewisser Marcel Hirscher in die Kracht springt. Zum anderen Polen, die Lewandowski, Frankowski, Swiderski und vermutlich auch Abfahrtski, Langlaufski, Slalomski im Kader haben. Es gäbe leichtere Gegner – zum Beispiel die Kroaten, die so überaltert sind, dass es leicht modric riecht. Oder die Italiener, bei denen Frottesi das Handtuch wirft. Nein, er heißt Frattesi, was Verhaberter bedeutet.

Die Ungarn spielen mit Kleinheisler, das ist zwar nicht der Erfinder von Flugzeugtoiletten, aber große Luftschlösser baut er – ungar wie der Fisch beim Sushi – nicht. Albanes Pfeifen eidgenössisches Geläute. Die Gegner der anderen sind immer schwächer. Wenn Österreich spielt, brauche ich eine Familienpackung Baldrian, Leobener Hopfenblütentee und sieben Katzen zum Totstreicheln. Was uns fehlt ist ein Weltklassestürmer a la Binder, Krankl oder Polster. Kann nicht Peter Schöttel bei Erling Braut Haaland wegen einer Einbürgerung vorstellig werden? Vielleicht hat ja die Nachbarin seiner Hebamme einen Urgroßvater, der einmal in Untergurgl geurlaubt hat? Oder gab es einen kakanischen Reserveoffizier, der mit Romelu Lukakus Urgroßonkel Halma gespielt hat?

Nichts gegen Gregerl und Arnautovic, aber uns fehlt ein Goalgetter, schreibe ich wenige Stunden, bevor sich Österreich auf die polnischen Piroggen stürzt. Oder umgekehrt? Sie wissen, wie das ausgegangen ist. Hat sich das Stürmerproblem erledigt? Gab es Polnische, Krakauer oder Wiener? Wurst! Manchmal ist man so auf ein Problem fixiert, dass man gar nicht mitbekommt, es ist längst gelöst. Schöttel könnte trotzdem in Brasilen auf Stürmersuche gehen. Da wird sich eher ein neuer Knipser finden als im Erdbeerland. Oder genügt es, Wöber vorne aufzustellen? Mein beim Eigentor zu Bruch geworfenes Handy mwenet diese dunkle Stunde. Das Mobilphone des Verzweifelten am Flughafen wahrscheinlich auch. Aber egal, das Türchen ist trotzdem aufgegangen. Zumindest seins.

Franzobel, 1967 geboren, ist Schriftsteller und Sport-Fan.