Genau zum selben Zeitpunkt, an dem Europas Fußball die beste Nationalmannschaft des Kontinents krönt, fällt auch in der Formel 1 eine „Art Vorentscheidung“ im Titelkampf, zumindest wenn es nach Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko geht. Denn mit dem Großen Preis von Spanien in Barcelona startet die Motorsport-Königsklasse in einen „Tripleheader“, was nichts anderes bedeutet als drei Grands Prix in drei Wochen. „Wenn man in diesen drei Rennen ganz vorne mit dabei ist, dann hat man nahezu alle permanenten Rennstrecken im Griff“, erklärt Marko. „Hier wird sich das wahre Kräfteverhältnis zeigen.“

Dieses Kräfteverhältnis gab nicht zuletzt nach dem Rennen in Kanada Rätsel auf. Max Verstappen fuhr in einem turbulenten Regenrennen zwar zum Sieg, dahinter scheint McLaren aber das derzeit konkurrenzfähigste Auto zu haben. Denn Sergio Perez hatte mit dem Red Bull erneut zu kämpfen. Und während Ferrari, von vielen als Bullenjäger Nummer eins deklariert, einen Doppelausfall hinnehmen musste, sind plötzlich auch die viel gescholtenen „Silberpfeile“ wieder da. „Mercedes hat sicher einen Fortschritt gemacht, vor allem haben sie an Topspeed zugelegt, wie McLaren auch.“

Nicht illegal, sondern...

Dafür hat der Grazer auch eine recht einfache Erklärung. „Diesen Topspeed bekommst du nur, wenn sich die Flügel aerodynamisch verformen. Es scheint, dass Mercedes und McLaren einen Frontflügel haben, der zwar regelkonform ist, weil er die Abnahme geschafft hat, aber sich im Renntrimm deutlich mehr verformt, als es das Reglement vorsieht.“ Diese Feststellung könnte man als eine Art Giftpfeil in Richtung der nähernden Konkurrenz verstehen, wenn Marko nicht im selben Moment festhalten würde: „Es ist sicher nicht illegal, sondern nur ein Ausreizen der Möglichkeiten. Das ist ein ewiger Wettkampf zwischen den Teams und der FIA.“

Trotz Flügels ist sich der 81-Jährige aber nicht sicher, ob Mercedes auch in Barcelona das Tempo an der Spitze mitgehen kann. „Im Vorjahr waren sie hier sehr gut und danach kam dann der Abfall. Man wird sehen, ob sie eine Konstanz hineingebracht haben oder Kanada eine Eintagsfliege war.“ Von Eintagsfliegen kann bei McLaren übrigens keine Rede sein. Das Team von Lando Norris und Oscar Piastri fuhr an den vergangenen vier Rennwochenenden zehn Punkte mehr als das Weltmeisterteam Red Bull ein. Der MCL38 war dabei auf allen Untergründen und bei jeder Witterung pfeilschnell. Gelingt die Fortsetzung des Aufwärtstrends auch in Spanien, könnte das britische Traditionsteam im WM-Kampf noch ein Wörtchen mitreden. „Barcelona ist eine Benchmark, da die Strecke nahezu alle Kurventypen hat. Wenn das Auto dort schnell ist, dann ist es auch gut für die Weltmeisterschaft“, weiß auch Marko um die Bedeutung des Rennens Bescheid.