Der Jubel von einst, als Lukas Pöstelberger seine Chance nutzte und unerwartet die Auftaktetappe des Giro d‘Italia gewann, ist verklungen. Zwar denkt er gerne an jenen Tag im Mai 2017 zurück, doch aktuell kreisen seine Gedanken um die Zukunft. Pöstlberger erhielt spät im Vorjahr keinen Vertrag mehr beim Profirennstall „Jayco“, nachdem zuvor der Sprinter Caleb Ewan als Australier zu Jayco geholt wurde. „Es wurde ein Platz gebraucht und dann hat es mich getroffen, weil ein Österreicher für das Team nicht so wichtig ist wie ein Australier.“ Pöstlberger wähnte sich als Leidtragender. Es folgten Gespräche auf höchster Ebene (World Tour und Pro Conti). Erfolglos. Der Wechsel in die dritte Liga (Conti) erschien ihm nicht zielführend.
So wurde „Pösti“ nach sechs Profisiegen zum Privatfahrer. Mit Lizenz freilich und so wird er sich am Sonntag in Königswiesen (OÖ) bei der Staatsmeisterschaft, deren Gewinner er zwei Mal (2012 und 2018) war, an den Start stellen. Das Ziel? „Das Beste mitnehmen. Als Solist ist man bei einem Eintagesrennen schon konkurrenzfähig.“ Eine Medaille, sagt er, wäre schön, aber ein einziges Topergebnis würde seine Situation nicht schlagartig verbessern. „Es wäre nicht der ausschlaggebende Grund, ob ich wieder einen Vertrag bekomme oder nicht.“
Er will zurück in den Zirkel der erstklassigen Radprofis. „Die Teams schauen da eher auf die Leistungsbereitschaft und die Erfahrung. Ich trainiere nach wie vor viel und hart und das zeigt sich auch in der Auswertung.“ Bis Mitte, Ende August gibt er sich Zeit, den entscheidenden Anruf zu erhalten, dann orientiert er sich um. „Ich habe meinen Traum schon gelebt, aber es ist Passion, die mich daran festhält. Ich habe gemerkt: Das ist das, was ich wirklich gut kann und was ich machen will.“ So oder so wird der Radsport auch in den nächsten Jahren ein Teil seines Lebens sein.
Finanziell ist das Jahr ohne Vertrag und festes Einkommen ein Wagnis, auf das sich einzulassen, er gewillt war. „Es schneit das Geld nicht gerade beim Fenster herein.“ Zu glauben, er hätte – auch durch den Giro – ausgesorgt, wäre falsch, sagt er. „Nach einem Etappensieg verdient man leider keine Millionen. Das wäre schön und viele denken, dass ich mir finanziell keine Sorgen machen muss. Die haben keine Ahnung.“ Vor allem die notwendige Risikobereitschaft würden viele Menschen nicht sehen. „Was man riskiert im Vergleich zu dem, was man finanziell rausbekommt, ist erschreckend wenig. So ist der Sport. Es bewegt sich aber und es gibt bestimmt einige, die überzahlt sind.“
Keine Mountainbikekarriere
Der österreichische Pass sei kein Turbo im großen Zirkus. So haben Fahrer aus großen Radsportnationen mit entsprechendem Publikums- und Sponsoreninteresse in der Heimat durchaus bessere Plätze auf dem Transferkarussell. Der Einstieg von Red Bull bei Bora hat indirekt auch für den rot-weiß-roten Radsport einen weiteren Radschuh in die internationale Tür gesetzt. „Ich rechne, dass sich durch Red Bull kurzfristig nicht viel ändern wird, sich aber langfristig einige revolutionieren wird. Es bringt eine neue Plattform und Reichweite in den Radsport – auch national.“ Auch die „Heimatverbundenheit“ zum Sponsor durch Teambesitzer Ralph Denk könnte Pöstlbergers Weg begünstigen.
Eine zweite Karriere als Mountainbiker schließt er trotz vieler Trainingseinheiten und auch Renneinsätze aus. „Dafür bin ich zu alt. Mein Körper funktioniert einfach anders. Die Rennen nutzte er als hartes Training. Auch wenn die Leistungswerte stimmten, „es ist ein anderer Sport. Wenn man als Rennradprofi kalibriert ist, ist es sehr schwer, sich umzustellen und das auch technisch umzusetzen.“