Es ist der nächste Schock für das ÖFB-Nationalteam. Einen Tag nach dem Kreuzbandriss von Xaver Schlager ziert nun auch Alexander Schlager die Verletztenliste der Mannschaft von Teamchef Ralf Rangnick. Österreichs unumstrittene Nummer eins im Tor zog sich eine Meniskusverletzung zu und muss operiert werden. Seine Saison beim FC Red Bull Salzburg ist vorbei. Hinter einer EURO-Teilnahme von „Gassi“ steht zumindest ein großes Fragezeichen.
Sollte der fix eingeplante Schlager bei der EM tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, entstünde im ÖFB-Tor eine völlig neue Situation. Geht es nach der bisherigen Hackordnung, würde wohl Patrick Pentz zur Nummer eins aufrücken, während sich Tobias Lawal und Niklas Hedl dahinter einreihen. Das schwierige Frühjahr Hedls lässt jedoch auch andere Kandidaten hoffen.
Ein Überblick über die aktuelle Situation der aussichtsreichsten ÖFB-Tormann-Kandidaten abseits von Schlager:
PATRICK PENTZ (Bröndby):
Kampfansagen unter Torhüter-Rivalen sind mitunter vertrauter als folgende Töne: „Ich bin zu 100 Prozent da, um ‚Gassi‘ zu unterstützen. Braucht er etwas, bin ich der Erste, der ihn supportet.“ So beantwortete Patrick Pentz Ende März die Frage, ob er Alexander Schlager im Hinblick auf die EURO herausfordern möchte. Ihm selbst sei wichtig, überhaupt auf den EM-Zug aufzuspringen. Dies sollte gelingen – steht Schlager fix nicht zur Verfügung, ist die Wahrscheinlichkeit sogar groß, dass der Dänemark-Legionär als Österreichs Nummer eins ins Turnier geht.
Damit musste man nach seinem missglückten Frankreich-Abenteuer bei Stade Reims, sowie seiner Zeit auf der Bank von Bayer Leverkusen nicht mehr rechnen. Die fehlende Spielpraxis brachte mit sich, dass sich der 27-Jährige im ÖFB-Team zwischenzeitlich hinten anstellen musste. Es sei jedoch daran erinnert, dass Pentz zu Beginn der Rangnick-Ära beim Teamchef hoch im Kurs stand. Die Leihe von Leverkusen zu Bröndby IF machte sich zudem auf allen Linien bezahlt. Der gebürtige Salzburger ist gesetzt und mit dem Tabellenführer in ein heißes Titelrennen verstrickt. Wird Pentz in Kopenhagen Meister, würde er jenen Titel einheimsen, den er in Leverkusen (Vertrag bis 2025) „versäumt“ hat.
TOBIAS LAWAL (LASK):
Rangnick sprach von einem „Tormann mit großer Perspektive“, als er ihn im November des Vorjahrs erstmals in den Nationalteam-Kreis befördert hat. Der 23-Jährige dürfte bei seinem ersten ÖFB-Schnupperkurs entsprochen haben, denn im März bekam er den Vorzug gegenüber Rapid-Goalie Niklas Hedl. Lawal wurde beim LASK über Jahre aufgebaut und trat im vergangenen Sommer die Nachfolge von – ausgerechnet – Alexander Schlager an, der nach Salzburg abgewandert war. In den bisherigen 30 Bundesliga-Spielen dieser Saison blieb er 14 Mal ohne Gegentor.
NIKLAS HEDL (Rapid):
Im November 2022 feierte der Rapid-Torhüter sein Länderspiel-Debüt und galt als Torhüter der Zukunft. Auf einen zweiten A-Team-Einsatz wartet der 23-Jährige seither, zuletzt verlor er gar seinen Kaderplatz – dies hatte jedoch zumindest im März auch mit seiner Beteiligung an den grün-weißen Schmähgesängen nach dem Wiener Derby zu tun. Man darf zumindest skeptisch sein, ob Hedl unter normalen Umständen auf den EURO-Zug aufgesprungen wäre. Sein Potenzial ist unbestritten, aber im Frühjahr schlichen sich Fehler ein. Besonders sein Blackout beim Gastspiel in Graz gegen Sturm blieb in Erinnerung.
DEJAN STOJANOVIC (SCR Altach):
Der “Wandervogel“ mit Vergangenheit in Italien, der Schweiz, England und Deutschland schaffte es noch nie in den ÖFB-Kader. Drei Auftritte im Juniorenbereich für Nordmazedonien sind seine einzige Länderspiel-Erfahrung. Rangnick würdigte jedoch gute Leistungen für Altach und setzte den 30-Jährigen immer wieder auf die Abrufliste. Mit einem Mittelhandbruch verpasste Stojanovic zuletzt vier Begegnungen, Anfang Mai feierte der Vorarlberger jedoch sein Comeback.
CICAN STANKOVIC (AEK):
Der Legionär bei AEK Athen war vorübergehend schon einmal die Nummer eins im Nationalteam. Rangnick hat ihn ebenfalls im Blickfeld, wie seine Nominierung für die Abrufliste im März bewiesen hat. Stankovic ist angesichts von vier Punkten Vorsprung von AEK am besten Weg, sich zum griechischen Meister zu krönen. Sein Pech: Nach 29 Pflichtspielen als Stammkeeper verletzte sich der 31-Jährige Ende März. Bei den beiden Matches seit seiner Rückkehr drückte er nur die Ersatzbank. Schafft er im Saisonfinish die Rückkehr ins AEK-Tor, kann man nichts ausschließen.
HEINZ LINDNER (Union Saint-Gilloise):
Angesichts seiner fehlenden Spielpraxis erscheint diese Variante unwahrscheinlich. Geht es jedoch nach der Erfahrung im Nationalteam, kommt man nicht am Oberösterreicher vorbei. 36 Mal lief Lindner für Österreich auf. Zum Start in die EURO-Quali fungierte er noch als Nummer eins, ehe ihn seine bittere Krebs-Diagnose gestoppt hat. Beim belgischen Spitzenklub Union Saint-Gilloise bringt er als Ersatzmann seine Routine ein. Insgesamt bestritt er in dieser Saison bislang fünf Pflichtspiele, das letzte davon Mitte März im Conference-League-Achtelfinale gegen Fenerbahce.
DANIEL BACHMANN (Watford):
Aus seinem großen Ziel, bei der EURO 2024 wie schon bei der EM drei Jahre davor das rot-weiß-rote Tor zu hüten, machte der Watford-Legionär nie ein Geheimnis. Im vergangenen September gab ihm Rangnick im Test gegen Moldawien eine Chance. Mit seinem schweren Fehler beim Gegentor tat sich der 14-fache Teamspieler zumindest keinen Gefallen. Bei seinem Arbeitgeber FC Watford verlor Bachmann Anfang Dezember das Einser-Leiberl. Anfang März eroberte er selbiges jedoch zurück und gab es bis zum Saisonende nicht mehr her.