Lara Gut-Behrami und Crans Montana, das passt irgendwie. Die Schweizerin holte sich in der ersten von zwei Abfahrten am Freitag im WM-Ort von 2027 ihren vierten Sieg bei ihren jüngsten vier Rennen; und zugleich auch den vierten Sieg bei ihren jüngsten vier Starts im Weltcup. Logisch Folge: Führung im Gesamtweltcup auf die nach wie vor fehlende Mikaela Shiffrin, die in Aare wieder in den Weltcup einsteigen will, ausgebaut, Führung im Abfahrts-Weltcup übernommen. Aber auch eine Österreicherin strahlte bei den frühlingshaften Bedingungen in Crans Montana: Conny Hütter fuhr zeitgleich mit der Schweizer Abfahrtsweltmeisterin Jasmine Flury auf Platz zwei und schloss damit endgültig Frieden mit der Strecke, die sie vor zwei Jahren beinahe ihre Karriere gekostet hatte.

Damals war die Steirerin beim Zielsprung zu Sturz gekommen und mit dem Kopf auf die Piste geknallt. Die Folgen: Schädel-Hirn-Trauma, partieller Gedächtnisverlust. „Ja, vor zwei Jahren ist hier alles auf der Kippe gestanden“, sinnierte sie auch nach der ersten der zwei Abfahrten bei diesem Speedwochenende. Ein Tag, der aber für sie mit einer durchaus guten Nachricht begonnen hatte: Denn aufgrund der hohen Temperaturen wurde die Strecke verkürzt; allerdings nicht am Start, sondern im Ziel. Die letzte Kurve und der Zielsprung wurden gestrichen, um den Läuferinnen mehr Raum zum Abschwingen zu geben. „Dass das Ziel nach oben verlegt wurde, ist mir schon entgegengekommen“, meinte sie mit einem Lächeln.

Conny Hütter nützte die niedrige Nummer sechs perfekt
Conny Hütter nützte die niedrige Nummer sechs perfekt © GEPA pictures

Und doch: Nicht nur wegen des fünften Podestplatzes in dieser Saison hat sie nun endgültig Frieden geschlossen mit der Strecke in Crans Montana. „Ich habe jetzt ein Hakerl unter alles gemacht, was passiert ist. Auch, wenn es mir auch diesmal bei der ersten Besichtigung noch ein wenig mulmig war. Aber ich habe mir die Abfahrt Stück für Stück erarbeitet, ich wäre auch für die ganze Strecke bereit gewesen“, meinte die 31-Jährige zufrieden.

Siebenter Saisonsieg für Gut-Behrami

Gegen Gut-Behrami war an diesem Tag aber nichts zu holen. Die 32-Jährige fuhr zum siebenten Sieg in dieser Weltcupsaison, nur 2014 hat sie ebenso viele Rennen gewonnen – zugleich hält sie bereits bei elf Podestplätzen. Und auch, wenn es die weiche Piste nicht ganz einfach machte: Es herrschte kaum Zweifel daran, dass Gut-Behrami auch diesmal gewinnen würde. Gut-Behrami spielte in den Kurven ihre technische Überlegenheit aus, vor allem in der Passage über den „Präsidentensprung“ fuhr sie der Konkurrenz auf und davon und holte sich hier die Zeit, die sie in den Flachstücken im Normalfall verliert. 21 Hundertstelsekunden lag sie letztlich vor der Konkurrenz; bei einer kurzen Abfahrt wie dieser eine Welt.

Nicht so gut lief es diesmal für Stephanie Venier. Die Tirolerin, in beiden Trainings beste Österreicherin, kam vom Start weg nicht in die Gänge. „Es waren zwei, drei Hakler, ich bin letztlich sechs Zehntel zurück. Das ist nicht viel, aber wenn die Abfahrt so kurz ist, ist es einfach zu viel“, meinte die Tirolerin, die damit auch die Chance auf die Führung im Abfahrts-Weltcup vergab. Die bleibt (noch) bei der verletzten Sofia Goggia, neue Zweite ist nun Lara Gut-Behrami, die 41 Punkte zurückliegt und 22 Zähler vor Venier liegt. Conny Hütter ist neue Vierte dieser Wertung und hat ebenso „nur“ 36 Punkte Rückstand auf Gut-Behrami.

Ebenfalls stark: Die Vorarlbergerin Ariane Rädler, die sich auch in der Abfahrt immer besser zurechtfindet. Sie wurde Achte und freute sich: „Letztes Jahr oder vor zwei Jahren war die Abfahrt immer so ein bisschen fremd für mich, weil ich eher die Technikerin bin. Heuer haben wir einen extremen Schritt gemacht und es macht mir richtig Spaß. Ich kann mich jetzt auch irgendwie ein bisschen mehr identifizieren damit.“ 

Gut-Behrami war trotz Sieges aber mit ihrer Fahrt nicht wirklich zufrieden: „Es war kein einfacher Tag, es hat ja fast 20 Grad. Sie haben alles gegeben, damit die Piste o.k. ist, aber es ist halt schwierig – auch wenn es schön zu fahren ist, obwohl es weich ist.“ Sie selbst mag es eben lieber, „wenn ich voll draufdrücken kann“, sagte die Tessinerin und bekannte: „Ich habe halt einfach probiert, auf den Ski zu bleiben, ein paar schwierige Situationen habe ich schon gehabt.“ Um dann hinzuzufügen: „Ich habe eine Linie besichtigt, gefahren bin ich aber was völlig anderes. Ich habe aber immer probiert, dass der Ski beschleunigt.“ Und das ist ihr offenbar auch gelungen. 2020 schaffte Gut-Behrami das Double in Crans. Am Samstag hat sie abermals die Chance dazu.

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