Es war zum wiederholten Mal Zeugnis eines unbändigen Willens, was Österreichs Herren im letzten Spiel der Hauptrunde der Handball-EM gezeigt haben. Das Team rund um Mykola Bilyk kämpfte eindrucksvoll gegen Island und gegen die schwindenden Kräfte. Nach einem 8:14-Rückstand gegen die Handballgroßmacht von der Insel zur Pause zogen sich die Österreicher selbst aus der Misere, glichen aus und gingen sogar noch einmal in Führung. Wieder einmal wuchs Constantin Möstl im Tor über sich hinaus. Dennoch musste das Team mit dem 24:26 die zweite Niederlage hinnehmen.

Wie es um die Chancen auf die Olympia-Qualifikation aussieht, steht nach dem Spiel allerdings noch nicht fest. Die Entscheidung bringt da die Partie Ungarn gegen Frankreich in Köln (18). Österreich hält den Franzosen die Daumen.

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Die Erleichterung vor dem Spiel war groß: Lukas Herburger erhielt von der medizinischen Abteilung grünes Licht. Im Kracher gegen Frankreich musste der Abwehrchef krank zusehen. Der Schweiz-Legionär bildet mit Lukas Hutecek das Abwehrzentrum. Den ersten Treffer durch Routinier Aron Pálmarsson konnte der Mittelblock aber nicht verhindern. Die Isländer haben bei der EM unter den Erwartungen gespielt, mit dem Sieg über Kroatien wurde aber noch einmal Kraft getankt. Das tat in Reihen der Österreicher bei der EM vor allem Constantin Möstl. Der Keeper meldete sich rasch mit Paraden in die Partie und spielte wie sein Gegenüber, Viktor Hallgrimsson, auf hohem Niveau.

Die Isländer spielten in den langen Angriffen weit weg von der Abwehr und zogen immer wieder gut an, gingen auf den Gegner zu. So suchten sie die Lücken, fanden aber nur selten eine. Die Österreicher verschoben gut, suchten ab neun Metern erfolgreich das Eins-gegen-Eins. Die Abwehrreihen schrieben in der ersten Phase deutlich die Geschichte des Spiels und nach einer Möstl-Parade traf Robert Weber (14.) zu ersten Führung (5:4) ins verwaiste Tor. Es war das erste „einfache“ Tor in einer arbeitsreichen Partie.

Der Wille zeigte sich in der 20. Minute. Mykola Bilyk vereitelte den ersten Konter der Isländer mit enormem Einsatz. Er gewann das Laufduell gegen Bjarki Mar Elisson und stahl ihm im Fallen den Ball. Der Kapitän opferte sich wie seine Kollegen auf – Aktionen wie diese sorgten für Stimmung. „Áfram Ísland“ klang es immer wieder von der Tribüne, doch die Söhne des Eilands konnten denen der Alpenrepublik nicht ihr Spiel aufdrücken, wie in den zwei Testspielen vor der EM. Immer wieder mussten die Österreicher in die Deckung sprinten, denn der Gegner versuchte es schnell über die erste und zweite Welle – das gewohnte Mittel der Wahl. Daher spielte Aleš Pajovič erst in der Schlussphase der ersten Hälfte die Karte der Überzahl aus.

Die Isländer nutzten in dieser Phase Ballverluste und fragwürdige (ausgebliebene) Pfiffe der Unparteiischen geschickt aus, kamen über den Konter schneller vor das Tor als Möstl von der Bank. Österreich blieb neun Minuten ohne Tor und so geriet das Team bis zur Pause 8:14 in Rückstand.

Österreich bäumte sich auf

Tobias Wagner und Hutecek sorgten für einen gefälligen Beginn in den zweiten Durchgang. Österreich arbeitete sich wieder heran – Bilyk (36.) verkürzte auf 13:15, Boris Zivkovic drei Minuten später auf ein Tor. Der Gegner wurde richtig nervös, traf zehn Minuten das Tor nicht und Trainer Snorri Guðjónsson nahm das Timeout. Es war an Wagner (42.), zum 14:14 auszugleichen und Weber (43.) verwandelte einen Siebenmeter zur Führung. Elliði Viðarsson traf nach 12:10 Minuten wieder für die Isländer. Auf beiden Seiten passierten Fehler – verständlich, ob der Belastung und der Wichtigkeit dieser Partie. Weber behielt von der Linie die Nerven, die bei den Isländern etwas blank lagen.

Das Spiel war auf des Messers Schneide, wie schon so viele in diesem Turnier. Island hatte den Vorteil der knappen Führung und Möstl vergab in der 57. Minute nach einem gefangenen Ball die Chance, mit einem Wurf über das ganze Feld auszugleichen. Der Ball ging knapp auf der linken Seite des Tors vorbei. Island hatte sich gefangen, Hutecek musste im Finale (zwei Minuten) zusehen.

Deutschland kampflos im Halbfinale

Nach den Niederlagen von Österreich und anschließend auch Ungarn hat Gastgeber Deutschland das EM-Halbfinale erreicht. Die Mannschaft von Teamchef Alfred Gislason steht schon vor ihrem abschließenden Hauptrunden-Duell mit Kroatien (20.30 Uhr) als letzter Halbfinalist fest.

Dort trifft die DHB-Auswahl am Freitag ebenfalls in Köln auf Weltmeister Dänemark, das zweite Duell bestreiten Titelverteidiger Schweden und Frankreich.