Wenige Zentimeter sind zwischen Michael Scheikl und dem pickelharten Eis, auf dem er seine Rodel bewegt. Seit 23 Jahren wirft der Kindberger sein Sportgerät um die Kurven, zwischen ihm und dem Abgrund lediglich eine dünne Bretterwand. Es ist der sprichwörtliche Ritt auf der Rasierklinge, den Scheikl und Co. im Weltcup und bei Großereignissen immer wieder vollziehen. Im vergangenen Winter ist er alles andere als befreit gefahren. Er kam einfach nicht dahinter, warum er nach zwei zweiten Plätzen im Weltcup zu Saisonbeginn auf seinem Sportgerät nicht mehr so richtig ins Fahren kam.

Er hat viel gegrübelt, getüftelt, sich nächtelang im Bett gewälzt und immer wieder im Keller an seiner Rennrodel geschraubt. Der Ingenieur suchte in seiner 23. Saison nach Hundertstelsekunden, auf der Eisbahn und beim Material. Ausgerechnet bei der WM in Südtirol platzte der Knoten endlich. Nach drei Läufen schien er auf Platz zwei auf – es war eine Befreiung. Mit dem neu gewonnenen Schwung ging er mit Tina Unterweger in den Mixed-Bewerb; und das Duo holte auch da WM-Silber. „All die Entbehrungen in den vielen Jahren, das Durchhalten, das Kämpfen und das Arbeiten – es hat sich ausgezahlt“, jubelte er. Mit dem Tauwetter des Frühlings kehrte zwar etwas Ruhe ein, doch saß der Maschinenbau- und Fertigungstechniker da wieder im Büro und konstruierte. Ganz auf die Rodel hat er aber nicht verzichtet: Bei den Austria Finals kürte sich der 34-Jährige zum zweiten Mal auf dem Schloßberg zum Staatsmeister im Rollenrodeln. Und 16 Jahre nach Gernot Schwab nahm wieder ein Naturbahnrodler den Diskuswerfer in Empfang.