Manuela und Christian Hartmann aus Graz hatten den Wunsch, eine Familie zu gründen. Leider war das Glück auf natürlichem Wege nicht auf ihrer Seite – und sie beschlossen, eine Pflegefamilie zu werden. "Viele denken zuerst an Adoption, aber da hat die leibliche Mutter sechs Monate das Recht, das Kind ohne Gerichtsverhandlung zurückzufordern. Wenn man ein Dauerpflegekind nimmt, ist es hingegen ziemlich klar, dass es bei der Familie bleiben wird", erzählt Manuela Hartmann.

Sie meldeten sich bei Affido an, einer Organisation für Pflegefamilien und Adoptionen in Graz, und begannen mit den Vorbereitungskursen. "Die habe ich total wichtig gefunden, denn man denkt schon über viele Sachen nach, auf die man von sich aus nicht gekommen wäre", sagt Manuela Hartmann. Nach Überprüfung der Wohnung, Papierkram und so weiter konnten sie – sechs Wochen nach abgeschlossener Schulung – ihr erstes Pflegekind aufnehmen: einen Sohn, der zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre alt war und eine leichte Behinderung hat. Seine "Bauchmama", wie die leibliche Mutter in Pflegefamilien oft genannt wird, konnte nicht mehr für ihn sorgen – war aber erneut schwanger und wünschte sich, dass auch ihre Tochter zu den Hartmanns kommt.

Pizza essen während der Geburt

"Ich war also mit der Mutter schon im Krankenhaus CTG schreiben, was sehr unüblich für Pflegefamilien ist. Das heißt, ich habe die Kleine schon kennengelernt, als sie noch im Bauch war", sagt Manuela Hartmann. Also kam rund sechs Monate nach der Aufnahme des Sohnes schon das zweite Kind ins Haus, diesmal ein Neugeborenes. Heute scherzt Manuela mit ihrer Tochter darüber, dass sie bei ihrer Geburt mit einer Freundin Pizza essen war.

Die Familie wuchs zusammen – und damit der Wunsch nach einem dritten Kind. Die Hartmanns versuchten sich als Krisenpflegefamilie, das heißt, ein Kind nur für eine bestimmte Dauer (maximal sechs Monate) aufzunehmen – sie hätten sich dann aber doch nicht vorstellen können, das Kind wieder wegzugeben, erzählt Hartmann. Also entschlossen sie sich dazu, noch ein drittes Dauerpflegekind aufzunehmen. So gesellte sich zum elfjährigen Sohn und der neunjährigen Tochter noch eine kleine Schwester dazu. Seit drei Jahren ist die Familie mit drei Kindern nun komplett.

Herausforderungen und Hilfe

Das Leben als Pflegefamilie bringt auch Herausforderungen mit sich, erzählt Manuela Hartmann, jedes Kind hat seine eigene Vorgeschichte, die noch immer sehr präsent sei: "Unsere zweite Tochter zum Beispiel hatte lange Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen und will bis heute noch bei uns im Bett schlafen." Aber die Organisation Affido hilft: "Es gibt ein sehr professionelles Beratungsangebot für Pflegefamilien, man ist immer im Kontakt und Austausch. Sollte es zu Krisen kommen oder schwierige Zeiten geben, hat man immer eine Ansprechperson, mit der man Dinge besser bewältigen kann", erklärt Uli Reimerth, Geschäftsführerin und Fachbereichsleiterin Soziale Elternschaft bei Affido.

Uli Reimerth, Geschäftsführerin und Fachbereichsleiterin Soziale Elternschaft bei Affido
Uli Reimerth, Geschäftsführerin und Fachbereichsleiterin Soziale Elternschaft bei Affido © Affido

Pro Jahr gebe es zudem fünf bis sieben verpflichtende Pflegeelternrunden und jährlich 24 Stunden an verpflichtenden Fortbildungen. Zusätzlich müssen die Eltern regelmäßig Berichte über die Kinder schreiben, die sie dann Affido vorlegen.

"Schönste Zeit in unserem Leben"

Kontakt zur Herkunftsfamilie hätten die Kinder noch öfters im Jahr, das sei aber von Fall zu Fall unterschiedlich. "Wir würden den Weg definitiv nochmal gehen, die Zeit mit den Kindern ist die schönste Zeit in unserem Leben", sagt Manuela Hartmann und fügt hinzu: Natürlich sei es auch oft schwierig, aber in welcher Familie ist es das nicht? "Die Kinder verstehen sich super untereinander. Obwohl es in unserer Familie drei Nachnamen gibt, wurden die Kinder nie gehänselt, weil sie in einer Pflegefamilie leben. Im Endeffekt sind wir auch eine normale Familie."