Denken Sie, dass Social Media unsere Geschlechterwahrnehmung und auch unsere Offenheit gegenüber unterschiedlichen sexuellen Orientierungen verändert?
Joe Niedermayer: Ja, ich glaube schon, allerdings ist Social Media in allen Lebenslagen auch ein Community-Netzwerk, wo man sich Hilfe suchen und sich mit Menschen vernetzen kann, die in ähnlichen Lebenssituationen sind. Wenn allerdings Queerness oder in dem Fall Geschlechterqueerness sichtbarer wird, macht sich auf der anderen Seite auch Ablehnung und Hass bemerkbar. Daher glaube ich, dass es in allen Themen, also in der Geschlechterdiversität sowie beim Feminismus, bei der Geschlechterqueerness und den unterschiedlichen Sexualitäten ambivalent ist.
Gibt es noch viel in Sachen Akzeptanz gegenüber der queeren Community zu tun?
Österreich liegt an der Weltspitze, was Rechte von queeren Personen anbelangt. In vielen Themen gibt es in Österreich vollkommene Gleichstellung. Wo dies noch nicht der Fall ist, ist der Diskriminierungsschutz im Privaten. Nur weil man juristisch gleichgestellt ist, bedeutet das nicht, dass die Gesellschaft diesen Themen gegenüber offen ist.
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Hat Social Media hinsichtlich der Repräsentation von queeren Personen geholfen?
Auf jeden Fall. Regenbogenmarketing ist derzeit bei vielen Unternehmen sehr beliebt. Wobei hier das sogenannte „Pinkwashing“ derzeit stark im Raum steht und diskutiert wird. Der Begriff bedeutet, dass sich Organisationen öffentlichkeitswirksam mit queeren Gruppen solidarisieren, aber in der eigentlichen Praxis anders handeln. Wenn queere Organisationen oder Projekte unterstützt werden, ist dies grundsätzlich gut. Wenn Firmen queere Personen nur für Marketingzwecke nutzen, hilft das der Community nicht wirklich. Wenn wir mit Unternehmen in Kontakt treten, oder umgekehrt, ist es für mich immer interessant, wer eigentlich anruft: Ist es die Marketing- oder die Personalabteilung?
Hat Social Media dazu beigetragen, dass es heute mehr Offenheit gegenüber queeren Personen gibt?
Ja und Nein. Wenn ich einen Menschen von etwas überzeugen möchte, kann ich es auf sachlicher Ebene erklären und damit die Person vielleicht für mich gewinnen. Wenn es jedoch stark emotional wird, kann ich die besten Argumente bringen, werde aber nicht viel erreichen. Wenn man sich kennenlernt und anfreundet, kann man bei der Person hinter die Fassaden blicken und versteht so die Beweggründe hinter den Meinungen. Auf Social Media kann man sicher Menschen in beide Richtungen überzeugen, aber auch in eine Ablehnung stürzen.