Lehre mit Matura: Ja oder Nein? Diese Frage stellen sich viele Jugendliche in Österreich. Das Berufsmodell "Lehre mit Reifeprüfung" bietet die Möglichkeit, eine Maturaausbildung während der Lehrzeit zu absolvieren. Den Lehrlingen sollen so neben der spezifischen Ausbildung Vorteile einer Berufsreifeprüfung geboten werden.
Der 18-jährige Alessandro Wegmann hat sich für diesen Weg entschieden. Seit zwei Jahren bestreitet er seine Lehre bei Stoelzle Oberglas. "Diese Option war für mich die beste Entscheidung. So kann ich etwas machen, das mir Spaß macht und kann dabei sogar noch Geld verdienen und nebenbei die Matura machen." Im Laufe seiner Schulzeit wurde ihm immer mehr bewusst, dass seine Interessen eher im handwerklichen Bereich liegen. Aufgrund dessen ließ er den Schulalltag schließlich hinter sich.
Zweifel seitens der Familie
Noch immer haben Ausbildungen im Vergleich mit einer klassischen Schullaufbahn einen negativ behafteten Ruf. Auch Wegmann musste sich in der Vergangenheit schon manch negativen Kommentar in Hinblick auf seine Karrierewahl anhören müssen. Auch bei seiner Familie brauchte es zu Beginn viel Überzeugungsarbeit. Erst nach zahlreichen Gesprächen bekam der 18-jährige Lehrling die von Anfang an erhoffte familiäre Unterstützung. "Für meine Familie war es anfangs schwer, zu verstehen, wieso ich diesen Weg einschlagen möchte. Zuspruch bekam ich dann, als ich erwähnte, auch die berufsbegleitende Matura nebenbei machen zu wollen."
Doch wieso wird eine Lehre oft erst angesehen, wenn man parallel eine Matura macht? Grund für dies sei, so vermutet Wegmann, dass eine Matura mittlerweile zum gegebenen Bildungsstandard gehört. Ohne diese würden die Chancen erschwert, eine höhere Ausbildung an einer Universität oder FH zu erlangen. Auch wenn eine berufsbegleitende Matura vorhanden ist, sei es eine Herausforderung, wieder in den Alltag eines Schülers oder Studierenden hineinzufinden.
Informationsmangel
Auch der regionale Fachkräftemangel ist für Wegmann ein Produkt des schlechten Images einer Lehre. "Das negative Image in Kombination mit den vielen Schulzweigen ist meiner Meinung nach einer der Auslöser des regionalen Mangels an Fachkräften. Auch die Zugverbindung nach Graz erleichtert es vielen jungen Menschen auch, dort Schulen mit Schwerpunkten zu besuchen, die bei uns nicht angeboten werden."
Wegmann sieht eine weitere Herausforderung im oft vorhandenen Informationsmangel. Sein Credo: "Das Problem liegt darin, dass es viel zu wenig Aufklärung über die vielseitigen Möglichkeiten nach den Pflichtschuljahren gibt." Wer sich nicht engagiert und von selbst etwaige Bildungsmessen besucht, oder sich schon sicher in der eigenen Berufswahl ist, muss bei der Wahl des weiteren Ausbildungsweges auf das eigene Gefühl vertrauen.
Der 18-Jährige bereut seine Entscheidung, eine Lehre zu beginnen, nicht. Schon jetzt freut er sich darauf, seine Ausbildung und die Matura abzuschließen. Bereits im Jänner 2023 wird er seine Deutsch-Matura absolvieren. Zwei Jahre später, 2025, wird Wegmann nicht nur seine Ausbildung, sondern auch seine Matura in der Tasche haben.
"Ich würde es tatsächlich immer wieder so machen."