In sozialen Netzwerken findet man Negativität, viel Oberflächliches und leider auch Hetze. Manchmal werden TikTok, Instagram und Co. aber auch sinnvoll genutzt - etwa, um über komplexe Themen wie den Holocaust und Rechtsextremismus aufzuklären. Vielen Jungen gut bekannt ist etwa die Seite „keine.erinnerungskultur“. Dahinter steckt die Deutsche Susanne Siegert. Sie wuchs selbst in der Nähe des Außenlagers Mühldorfer Hart auf. „Es ist eines der größten Außenlager des KZ Dachau. Ich habe in der Schule aber nichts darüber gehört und fand das ganz schön schockierend.“ So begann sie selbst zu recherchieren und ihre Follower mit Informationen zu versorgen. Erst über das Lager, später über Neonazis, Gaskammern oder das alltägliche Leben in Konzentrationslagern. Heute folgen ihr alleine auf Instagram mehr als 82.000 Menschen.
„Am Stammtisch genauso“
Die Reaktionen der Zuschauer sind unterschiedlich, auch Hass bleibt nicht aus. „Größtenteils kommt das von älteren Männern“, erzählt Susanne Siegert im Interview. Soziale Medien sieht sie nicht unbedingt als „Sammelbecken“ für Rechtsextreme: „Nein, ich denke, viele Stammtische oder Familienfeiern haben genauso diskriminierende Äußerungen, aber da bleiben sie halt im Rahmen und werden nicht sichtbar offen für alle Menschen geteilt. Wenn wir wüssten, was sich manche im Bus erzählen, wären wir genauso schockiert.“ TikTok sei allerdings gerade für verkürzte Botschaften ideal: „Die Videos sind so ein, zwei Minuten lang, wie eine ,Bild‘-Schlagzeile. Die Ausländer sind schuld, dass wir keine Wohnungen finden, das kann man super schnell darstellen. Aber zu erklären, wie es wirklich ist, das ist halt kein so sexy Thema für TikTok.“
Geheime Codes
Was vielen Internetnutzern nicht bekannt ist: Auf Plattformen wie TikTok gibt es viele versteckte Hassnachrichten oder rechtsextreme Symbole. Melden würde kaum etwas bringen, sagt Susanne Siegert - die Betreiber der Seiten hätten Schwierigkeiten, die Emojis zu identifizieren und zu entfernen. Für die rechte Szene seien solche Zeichen daher wichtig, da sie es ermöglichen, Botschaften zu verbreiten, ohne Angst gesperrt zu werden. „Es ist unmöglich, alle Codes zu kennen. Es gibt ständig neue, und alte verlieren an Bedeutung.“
Die neue Strategie der Rechtsextremen
Was aber kann man gegen die Hetze im Internet tun? Für die Influencerin ist Medienkompetenz der Schlüssel: „Anfällig sind sowohl junge Menschen, die gerade erst anfangen soziale Medien zu nutzen. Aber auch Menschen im Alter meiner Mutter, die vielleicht auch erst neu sind auf TikTok. Sie alle brauchen Handwerkszeug, um beurteilen zu können, was sind Fake News, was kann so überhaupt stimmen. Das ist nicht immer einfach.“