Das "Center for Sexuality and Health Disparities" der University of Michigan hat in einer Studie belegt, was in der Öffentlich noch gar kein Thema ist. Nämlich, dass 46 Prozent der schwulen Männer bereits häusliche Gewalt erfahren. Die Anzahl schwuler Opfer ist somit ähnlich hoch wie bei heterosexuellen Paaren.
Der gerade gefeierte Pride-Month hingegen lässt ganz andere Bilder entstehen: Harmonie, Regenbogen und alle feiern gemeinsam ein offenes und liberales Lebenskonzept. Doch dabei werden viele Probleme unter den Teppich gekehrt, sagt Michael Neulinger.
"Nicht die Community schlecht dastehen lassen"
Er ist Filmemacher, Schauspieler und Missbrauchs-Opfer. Über viele Jahre hinweg erlebte er in seiner homosexuellen Beziehung emotionale, sexuelle und körperliche Gewalt. Doch thematisieren kann er das Ganze erst jetzt, Jahre später. Warum? "Ein Grund ist sicher, dass man die Angst hat, die Community schlecht darstellen zu lassen. Wir erleben täglich Diskriminierung und Homophobie, das ist einfach Fakt und würden wir jetzt sagen, dass wir in Beziehungen dasselbe Gewaltproblem haben, wie in heterosexuellen Beziehungen, dann würden wir noch mehr Gründe liefern, warum man uns diskriminieren kann."
Sozialisiert mit alten Männlichkeitsideen erleben schwule Männer in ihren Beziehungen oft genau dasselbe Muster, wie Frauen in heterosexuellen. Kontrolle, Macht, Minderung des Selbstwertgefühls und den gefährlichsten Moment - nämlich den, wenn man sich trennen will. Genau so einen erlebt Michael auch - jetzt hat er mit einer künstlerischen Arbeit versucht, das wörtliche Zitat seines Ex-Freundes zur Verarbeitung seines eigenen Missbrauchs neu zu betrachten. Sein Film "I will break your face" erzählt in Form eines Tanz-Kurzfilms von all den Schmerzen und all den psychischen Verletzungen.
In der Episode blickt Michael aber auch sehr kritisch auf der queere Community, erzählt von Chem-Drogen-Partys in Wien, bei denen unterschiedlichste Drogen und Sex als Programm gelten und auch viele Übergriffe passieren und findet generell, dass es nicht reicht, den Pride Month in harmonischen Regenbogenfarben zu feiern, wenn man gleichzeitig höchst problematische Entwicklungen nicht anspricht.
Am 30. Juni 2023 um 18 Uhr wird sein Film im Wiener Schikaneder-Kino Premiere haben.
I WILL BREAK YOUR FACE & HEIMAT BIST DU TOTER TÖCHTER
Lesung: Yvonne Widler liest aus ihrem Buch „Heimat Bist du Toter Töchter“
Screening: „I Will Break Your Face“ - experimenteller Tanzfilm von Michael Neulinger
Diskussion zum Thema Partnergewalt - es sprechen: '
Beatrice Frasl, Autorin, Podcasterin, Kulturwissenschaftlerin/Geschlechterforscherin (Moderation)
Maria Rösslhumer, Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
Peter Peinhaupt, Männerberatung Wien
Yvonne Widler, Journalistin Podcasterin Autorin
Michael Neulinger, Filmemacher
Lian Quintana-Abraham, gendersensible Jugendarbeit Hil-Foundation.