Die 31-jährige Millionen-Erbin Marlene Engelhorn fordert seit Jahren, besteuert zu werden. Doch in Österreich gibt es weder Erbschafts-noch Vermögenssteuern und daher hat sie zu Beginn des Jahres ihr Projekt „Guter Rat“ gestartet. In einem bis zum 9. Juni dauernden Prozess sollen 50 Menschen aus ganz Österreich (darunter auch Steirerinnen, wie Elke Niederl) versuchen, die besten Ideen für das Erbe von 25 Millionen Euro zu finden. Engelhorn selbst ist bewusst nicht Teil dieses Prozesses, sie vertraut darauf, dass die Menschen gesellschaftlich Wertvolles entwickeln. Hier lesen Sie, warum Marlene Engelhorn das alles eigentlich macht und nicht einfach ihr Geld spendet.
Projektleiterin Alexandra Wang über Motivation und Kritik am Projekt
Jetzt ist Halbzeit, drei Wochenenden wurden vom „Guten Rat“ in Salzburg absolviert, drei gibt es noch. Und wo steht man aktuell? Projektleiterin Alexandra Wang ist vor allem von der „unglaublichen Begeisterung“ der Menschen fasziniert und spricht jetzt schon von einem „historischen Projekt“. An den ersten drei Wochenenden hat man sich auf die Themen „Was ist Vermögen?“, „Was ist Gerechtigkeit?“, konzentriert und im letzten Block schon konkret mit der Frage beschäftigt, wie Ideen aussehen könnten. Moderatorin Hanna Posch, die selbst bereits bei der Errichtung des Klimarates mit dabei war, fasst zusammen. „Was wir bereits erreicht haben, ist, dass wir wirklich ein Mini-Österreich abbilden, weil wir auch jene Menschen mit dabei haben, die man normalerweise nicht erreicht.“ Also nicht nur Staatsbürger, sondern auch Menschen mit Migrationshintergrund oder einer Behinderung sind im Diskurs mit dabei.“ Thematisch beschäftigt man sich noch sehr grob mit fast allen Themen, also Bildung, Gesundheit, Wohnen, Klima, Wirtschaft und auch Recht. Ob am Ende alle Themen in die Ziehung kommen oder es in einem einzigen Projekt mündet, ist aber noch nicht klar. Das Team arbeitet mit vielen Methoden des gemeinschaftlichen Erkenntnis-Gewinns und will damit auch herausarbeiten, dass Verteilungsgerechtigkeit bereits entsteht, wenn Menschen sich bemühen, gerecht zu Ergebnissen zu kommen.
Nachträgliche Anmerkung der Autorin, weil im User-Forum die Frage kam, wer die Kritik aufgebracht habe - hier eine Zitierung der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
„Felix Oldenburg, der als früherer Generalsekretär des Bundesverbands deutscher Stiftungen etwas von der Sache verstehen sollte, hält Engelhorns Ansatz für verkehrt. Das von ihr gewählte Prozedere sei viel zu aufwendig und deshalb kein gutes Vorbild für andere potentielle Spender. Schlimmstenfalls würden diese davon sogar abgeschreckt. „Bürgerschaftliches Engagement gehört in die Mitte der Gesellschaft, nicht in eine komplizierte Nische“, sagt Oldenburg der F.A.S.“ (der gesamte Artikel ist hier zu lesen).
Hören Sie hier, warum Marlene Engelhorn ihr Erbe ungerecht findet
Doch es gibt nicht nur Lob und Begeisterung, sondern auch kritische Stimmen, die hinter der groß angelegten Aktion eine Art „Schatten-Demokratie“ wittern. Alexandra Wang dazu: „Das ist sicher keine Schatten-Demokratie, wir wollen damit überhaupt nicht die demokratischen Prozesse aushebeln, das könnten wir auch nicht, aber es ist eine Ergänzung. Was wir möchten, ist auch eine Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Diskurses über Vermögensverteilung und das gelingt uns. Allein durch das weltweite Interesse, das wir damit ausgelöst haben.“ Tatsächlich beobachten, laut Wang, auch einige „Superreiche“ die Geschehnisse in Österreich mit „,Adleraugen“ - so wie auch mehr als 100 Millionäre beim Weltwirtschaftsforum in Davos mehrfach gefordert haben, besteuert zu werden. In Österreich sind übrigens zwei Drittel aller Menschen für eine Vermögenssteuer.