6. September 2005 in Klagenfurt. Einem Arbeiter rutscht etwas von einer Baggerschaufel, das wie ein Körperteil aussieht. Die Polizei sichert wenig später das Bein eines Kindes und den Torso einer erwachsenen Person. Die Leichenteile stammten von einer Baustelle am Bahnübergang in St. Ruprecht.
Der damalige Chefermittler Johann Reiter erinnert sich im Podcast an den Fall: "Wenn dieses Kinderbein nicht über diesen Erdhaufen gerutscht und dem Baggerfahrer ins Auge gestochen wäre, hätte man nie etwas gefunden."
Später sollten weitere Leichenteile gefunden und festgestellt werden, dass es sich bei der erwachsenen Person um eine Frau handelt. Die Ermittler gehen von Mutter und Kind aus. Die Identität der Toten ist aber zunächst völlig unklar. Die einzige Spur ist eine Markierung, die in jenem Bettdeckenüberzug eingenäht war, in dem die Leichenteile eingewickelt waren. Über die Medien wird das Bild des Aufnähers mit den eingestickten Buchstaben "WP 137" veröffentlicht, in der Hoffnung, dass sich jemand findet, der weiß, was es damit auf sich hat.
Tatsächlich meldet sich der Mitarbeiter eines Schülerheims und gibt den entscheidenden Hinweis. Das Heim hätte früher solche Aufnäher verwendet, um die Wäsche den jeweiligen Schülern zuordnen zu können. So kam man auf den inzwischen 56-jährigen Wilhelm P. Die Polizei will ihn vernehmen, doch dafür ist es zu spät. P. hatte sich das Leben genommen, als er in den Nachrichten von dem Leichenfund erfuhr. Der Fernseher läuft noch, als die Beamten P. finden.
Die folgenden Ermittlungen bringen das Verbrechen an einer jungen Mutter und ihren zwei Kindern zutage, die brutal aus dem Leben gerissen wurden. Die Leiche des zweiten Kindes wurde zwar nie gefunden, doch die Ermittler sind sich sicher, dass es auch ermordet wurde.
1987 war die 26-jährige Gordana mit ihren zwei kleinen Kindern von Serbien nach Österreich gekommen. Um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen, gab sie ihre Heimat in Serbien auf und stellte sich mutig und hoffnungsvoll den Herausforderungen des neuen Lebens. Eines Lebens, das für eine Alleinerzieherin in den 1980er-Jahren ohnehin schon kein einfaches war.
Als wäre nichts gewesen
Gordana lernte Wilhelm P., einen Bahnarbeiter kennen, bald wurde geheiratet. Doch die Ehe war die Hölle. Wilhelm P. wurde gewalttätig, Mitte 1988 hat er Gordana und ihre beiden Kinder ermordet. Er zerstückelte die Leichen, vergrub sie in der Nähe des Bahnübergangs und lebte bis 2005 weiter, als wäre nichts gewesen. P. ließ sich sogar in Abwesenheit von Gordana scheiden, um ein weiteres Mal heiraten zu können. Stets hatte er behauptet, Gordana hätte ihn einfach verlassen, er soll sich herabwürdigend über die Familie und ihre Herkunft geäußert haben, Roma würden das halt so machen, "die sind halt so".
Wilhelm P. spielte den verlassenen Ehemann. Richtig gesucht wurde nach Gordana offenbar nie, die Behörden gaben sich mit der Erklärung P.s 17 Jahre lang zufrieden. Einzig die Mutter Gordanas ließ nicht locker. Sie reiste sogar nach Klagenfurt und nach Wien, um selbst nach Gordana zu suchen – ohne Erfolg. Die Frau sagte später einmal, sie sei nirgends ernst genommen worden.
17 Jahre lang lebte die Mutter Gordanas mit der Ungewissheit über das Schicksal ihrer Tochter. Die traurige Gewissheit hatte sie erst, als der damalige Chefermittler Johann Reiter ihr die Nachricht vom Tod ihrer Tochter und ihrer Enkelkinder überbrachte. In dem Podcast erinnert sich Reiter, der ehemalige Mordermittler, zurück an den Fall und gibt traurige Einblicke.