Eigentlich war Martin (Name von der Redaktion geändert) am Sprung zu einer Profi-Sportkarriere. Eine Verletzung machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung, doch er ließ sich nicht unterkriegen und wollte eben anderweitig erfolgreich sein. Der durch und durch sympathische, höfliche und zielstrebige junge Mann (heute ist er 25) hatte schließlich die zündende Idee, es ist eine Start-up-Geschichte, wie sie im Buche steht: Im Keller seiner Eltern begann Martin damit, gebrauchte Legosteine zu sortierten, reinigen und katalogisieren, um so einen Online-Handel aufzubauen. Schnell hatte er fünf Mitarbeiter und einen Laden in der Klagenfurter Innenstadt, dem Lego-Begeisterte die Türen einrannten. Alles scheint perfekt. 

Martins Geschäft wuchs, die Aufträge wurden mehr und größer, auch die Wirtschaftsredaktion der Kleinen Zeitung berichtete 2019 über das Unternehmen, es war Stadtgespräch. Doch dann kam die Anzeige eines verärgerten Kunden, der seine Ware nicht erhielt, es ging nur um ein paar Hundert Euro. Martin hatte eine plausible Erklärung für den "Irrtum". Doch die Anzeige sollte nur der Vorbote einer Lawine an Betrügereien sein, deren Opfer Privatkunden, Sammler, Lego-Künstler und sogar Großhändler von den Niederlanden bis China waren.

Nicht nur für Kinder: Mit Lego wird auch Kunst gemacht, wie hier in Mailand zu sehen. Figuren wie diese bestehen aus 15.000 bis 20.000 Steinen, die in zwei bis vier Wochen zu ihrer Form zusammengesetzt werden.
Nicht nur für Kinder: Mit Lego wird auch Kunst gemacht, wie hier in Mailand zu sehen. Figuren wie diese bestehen aus 15.000 bis 20.000 Steinen, die in zwei bis vier Wochen zu ihrer Form zusammengesetzt werden. © (c) IMAGO/ZUMA Wire (IMAGO/Ervin Shulku)

Sand statt Lego – Was dachte sich der Täter?

In langwierigen Ermittlungen konnte die Vorgehensweise Martins nachgezeichnet werden. So versandte er etwa Sandsäcke statt Legosteinen, damit die Sendung das richtige Gewicht hatte. Am Ende konnte der betraute Ermittler mit akribischen Nachforschungen Hunderte Geschädigte ausfindig machen, der Schaden betrug mehr als eine halbe Million Euro. Ungewöhnlich in diesem Fall: Man musste die Opfer finden, da man den Täter ja bereits kannte. 

Als schließlich schon ein Insolvenzverfahren gegen Martins Firma anhängig war, postete für seine über 140.000 Instagram-Follower – sehr zum Missfallen seiner Gläubiger – regelmäßig Urlaubsfotos, mit Grüßen etwa aus Frankreich oder Italien.    

Martin stritt zunächst alles ab, in der U-Haft zeigte er sich teilweise geständig. Das Gericht sah seine Schuld als erwiesen an. Zunächst wurde Martin zu einem Jahr unbedingter Haft verurteilt, doch das Oberlandesgericht in Graz hob das Urteil auf, letztendlich wurden es drei Jahre.