Ulrike Reistenhofer war erst 18 Jahre alt. Die junge Hartbergerin studierte in Graz und besuchte im August 1998 ein Technofestival in Zürich. Es sollten die letzten Tage in ihrem Leben sein. Sie war schon auf dem Rückweg, sollte eigentlich in Innsbruck umsteigen in den Zug Richtung Graz. Doch den bestieg sie nicht. Reistenhofer behob noch 100 Schilling von einem Bankomat.
Einen Tag später fanden Kanufahrer am Ufer der Rienz in Ehrenburg (Südtirol) eine Frauenleiche. 14 Tage später wurde die Verbindung zu der in ihrer Heimat vermissten Resitenhofer hergestellt, die Mutter musste ihre Tochter identifizieren.
Möglicherweise ist Reistenhofer in den falschen Zug eingestiegen, vielleicht kam sie auch per Anhalter nach Südtirol. Fakt ist, dass sie vor ihrem Tod in Franzensfeste – wenige Kilometer von dem späteren Tatort entfernt – noch Süßigkeiten gekauft hat. Stunden danach musste die junge Steirerin sterben, brutal erschlagen mit einem Stein.
Eine Reihe an Verdächtigen
Schnell gab es eine Reihe von Verdächtigen. Der erste ein Lokführer: Er war am Tag vor der Bluttat ebenfalls in Innsbruck, suchte immer wieder Kontakt zu jungen Frauen und sein Auto wurde in der Nähe des Tatorts gesehen. Doch die Beweise reichten nicht aus. In der Folge wurde die Liste der möglichen Täter immer länger. Es gerieten etwa ein verwirrter Mann, der selbst Kontakt zu den Behörden suchte, zwei Eisenbahner und ein deutscher Journalist ins Visier der Ermittler. Keinem konnte die Tat nachgewiesen werden.
In der Folge gerieten immer wieder neue Männer unter Verdacht. Unter ihnen ein deutscher Fernfahrer, dem zwei Morde nachgewiesen werden konnten, die große Parallelen zum Fall Reistenhofer aufwiesen. Später führte auch eine Spur in die Steiermark. Ein Insasse der Justizanstalt Leoben wollte in der Wohnung seiner Mutter einen Aktenkoffer vernichten lassen, darin befand sich ein Zeitungsartikel über die Reistenhofer-Ermittlungen.
Der Täter als Dichter?
Nie ermittelt werden konnte der Autor einiger Haikus (ein Haiku ist eine japanische Gedichtform), die in Plastikfolie verschweißt ab Anfang 2000 am Tatort auftauchten. Polizei und Experten vermuteten, dass ihr Autor direkt oder indirekt in Verbindung mit dem Mord stehe. Dazu tauchte ein solches Gedicht auch in einem Internetforum auf, gezeichnet mit dem Usernamen "Serialkiller". Wer sein Urheber ist und ob auch der Autor der Haikus am Tatort war, blieb ungeklärt.
Alle anderen Verdächtigen wurden 2012 Jahre nach dem Mord entlastet: Mit einer neuen Methode konnte man eine alte DNA-Spur auswerten, die laut den italienischen Ermittlern vom Mörder stammen müssen. Auch entlastet war damit Volker Eckert, ein deutscher Serienmörder, der 2007 unter Verdacht geriet und für 19 Morde in Spanien, Frankreich, Tschechien und Italien infrage kam. Neun Morde konnten ihm nachgewiesen werden. Er nahm sich 2007 das Leben.
Hans Breitegger, der sich mit dem Fall Ulrike Reistenhofer seit nunmehr über zwei Jahrzehnten beschäftigt, zweifelt im Podcast-Gespräch mit David Knes über die Entlastung der Verdächtigen. Könnte der Haiku-Autor oder Eckert also doch der Mörder Reistenhofers sein? "Wenn da ein Fehler passiert ist, kann es durchaus sein, dass doch jemand als Täter infrage kommt. So wie die Ermittlungen gelaufen sind, schließe ich überhaupt nichts aus."