delikt – Der Kriminalpodcast der Kleinen Zeitung

Tausende Krebsabstriche, die niemals befundet wurden, tausende Patientinnen, die dachten, alles sei in Ordnung. Nur durch einen Zufall ist der Skandal überhaupt aufgeflogen: Der Leiter einer Studie über Gebärmutterhalskrebs stellte bei drei Frauen fortgeschrittene Karzinome fest, obwohl die Betroffenen sich regelmäßig bei demselben Villacher Frauenarzt untersuchen haben lassen. Das weckte den Verdacht, dass mit diesen Untersuchungen etwas nicht stimmen konnte.

Hausdurchsuchung übertraf schlimmste Befürchtungen

Die Ergebnisse einer Hausdurchsuchung bei dem Gynäkologen übertrafen die schlimmsten Befürchtungen. Der Frauenarzt hortete die Abstriche in seiner Ordination, anstatt sie ins Labor zu schicken. Letztendlich fand man mehr als 16.000 Tests in Kästen und Schubladen. Wenn die Patientinnen über Schmerzen klagten, versicherte der Arzt stets, dass alles in Ordnung sei oder der Grund für die Beschwerden nur eine Blasenentzündung sei.

Einige erkrankten an Krebs

Als der Skandal aufflog, war den vielen Patientinnen des Arztes plötzlich klar, dass sie womöglich seit Jahren nicht mehr tatsächlich untersucht worden waren. Ordinationen in ganz Kärnten mussten ihre Öffnungszeiten ausweiten, um mit dem Ansturm der verunsicherten Frauen fertigzuwerden. Doch für einige war das zu spät, sie waren an Krebs erkrankt.

Der Arzt – er litt an einer bipolaren Störung – galt unter Kollegen als gesellig, aber als „schräger Vogel“. Unter seinen Patientinnen galt er als beliebt, gab sich stets kompetent und professionell. Umso größer war der Schock, als alles aufflog. Vor Gericht machte er unterschiedliche Angaben zu seinem Motiv, einmal sagte er, er habe sich die Portokosten sparen wollen. Ein anderes Mal behauptete er, er könne die Tests lesen, indem er sie gegen das Licht halte.

Richter Manfred Herrnhofer | Richter Manfred Herrnhofer schildert im Podcast die juristische Schwierigkeit dieses Falles. Es galt, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Unterlassung des Einschickens der Tests und einer Erkrankung nachzuweisen.
Richter Manfred Herrnhofer
| Richter Manfred Herrnhofer schildert im Podcast die juristische Schwierigkeit dieses Falles. Es galt, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Unterlassung des Einschickens der Tests und einer Erkrankung nachzuweisen. © KLZ / David Knes

Die Ermittlungen und der Prozess gestalteten sich enorm kompliziert. Ausschlaggebend für das Strafmaß war schließlich nicht die fahrlässige Körperverletzung, sondern schwerer, gewerbsmäßiger Betrug, da der Arzt die nicht durchgeführten Untersuchungen den Versicherungen verrechnet hatte.

Kleine-Redakteurin Manuela Kalser berichtet von den Hintergründen dieses Falls. Außerdem zu Gast: Manfred Herrnhofer, Vizepräsident des Landesgerichts Kärnten, mit einer Einschätzung des Falls. 

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