Sie ist 29 Jahre alt, studiert Germanistik und spricht gerne und engagiert über unfaire Verteilung von Geld auf der Welt. Sie wäre also eine ganz normale junge Frau, die sich um die Gesellschaft Gedanken macht, aber ihre Geschichte ist anders. Auf die Österreicherin wartet ein Millionenerbe, das sie von ihrer Großmutter Traudl Engelhorn bekommen wird.

Woher kommt dieses Geld?

Von Friedrich Engelhorn, der erst den Chemiekonzern BASF gründete, dann das Pharmaunternehmen Boehringer-Mannheim und dieses wurde 1997 um 11 Milliarden US-Dollar an Hoffmann-La Roche verkauft. Das Vermögen von Marlenes Oma wird laut dem Forbes-Magazin auf 4,2 Milliarden Euro geschätzt.
Es war im November vor zwei Jahren, als sie erfuhr, wie reich sie noch werden würde und seitdem setzt sie sich für eine Besteuerung von Superreichen ein.

Warum?

„Es ist einfach unfair. Es kann doch nicht sein, dass eine einzelne Person so einen hohen Betrag erbt, nichts dafür getan hat und dann auch noch keine Steuern zahlen muss.“

In Österreich ist sie in einem Reichen-Steuerparadies, denn wir haben keine Vermögenssteuer und auch keine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Es gibt nur eine Grunderwerbssteuer und auch die ist nicht hoch. Beim heurigen Weltwirtschaftsforum in Davos hat Engelhorn, gemeinsam mit 100 anderen Millionären, eine Petition eingereicht, in der eine globale Besteuerung auf Superreiche gefordert wurde.

Das Teilen ist ihr also ein Anliegen. Aber warum macht sie es nicht einfach? Auch ohne Steuer?

Wenn ich jetzt mein Geld aufs Finanzamt überweise, löse ich das Problem nicht, es muss diskutiert werden, es darf kein Charity-Projekt sein und es gibt in der Bevölkerung eine Zweidrittelmehrheit, die für eine Reichensteuer wäre.“ Ihr Ansatz ist es, gesellschaftlichen Konsens herzustellen, wofür das viele Geld verwendet werden könnte. Eine Idee: Die Klimaerwärmung zu stoppen. Der israelische Autor und Historiker Yuvel Noah Harari hat berechnet, dass dafür nur zwei Prozent des weltweiten BIP (Bruttoinlandsprodukt) notwendig wäre. Engelhorn präzisiert ein bisschen flapsig: „Amazon-Gründer Jeff Bezos stemmt den Klimawandel aus der Portokasse.“
Das Wissen alleine aber ändert nichts an der unfairen Verteilung von Vermögen. In Österreich besitzt ein Prozent der Bevölkerung fast 50 Prozent des Vermögens – das haben Studien der Nationalbank und der Arbeiterkammer erhoben.

Wie wird es also besser?

Marlene Engelhorn ist überzeugt, dass nur eine breite öffentliche Debatte etwas ändert, denn „Überreiche, so wie ich, sind die problematischste Parallelgesellschaft, die wir haben. Sie kapseln sich ab und man weiß nichts über sie, während man über arme Menschen alles weiß und ihnen dann noch jeden Euro neidet.“ Und sie geht mit sich selbst auch hart ins Gericht: „Ich erbe nicht nur Geld, ich erbe Macht und Lebenschancen, die anderen strukturell verweigert werden. Es steht mir einfach nicht zu und das muss ich zugeben.“ Sie gehe mit „Privilegienklappen“ durch die Welt und versuche, diese langsam loszuwerden. Ihre Energie steckt sie in die Initiative #taxmenow (Besteuere mich jetzt!), einen Verein, in dem viele Superreiche sind, die alle Steuern zahlen möchten.


Wer hören will, was Marlene Engehorn zu sagen hat, wie sie arguentiert und worin sie die große Ungerechtigkeit sieht, kann das hier direkt im "fair&female"-Podcast tun.