FRAGE: Der Gartenzaun meines Nachbarn ist bis zu 40 cm auf meine Seite geneigt und das auf eine Länge von 20 Metern. Sechs Zaunfelder fehlen überhaupt. Welche Möglichkeiten habe ich, dass der Zaun in seiner vollen Länge in Ordnung gebracht wird?
Rechtsanwältin Tanja Gewolf-Mulley antwortet: Nach den gesetzlichen Regelungen besteht im Zweifel „gemeinschaftliches Eigentum“ an Zäunen, Mauern oder anderen Scheidewänden, die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden. Befindet sich ein Zaun direkt auf der Grundstücksgrenze, steht er im Miteigentum der beiden Nachbarn, das heißt, er gehört beiden gemeinsam.
Sämtliche Entscheidungen betreffend den Zaun sind von den beteiligten Nachbarn gemeinsam zu treffen. Auch die Kosten der Instandhaltung und Reparatur sind von den beiden Nachbarn anteilig zu tragen.
Befindet sich ein Zaun aber zur Gänze im Grundstücksbereich eines Nachbarn, ist dieser Alleineigentümer. Somit ist er zwar alleine für die Erhaltung des Zauns verantwortlich, kann diesen aber auch unbeschränkt nutzen.
Das Gesetz sieht keine generelle Erhaltungspflicht für bereits vorhandene Einfriedungen vor.
Diese ist nur dann gegeben, wenn dem Nachbarn aus der Öffnung – das ist die durch Verfall, Beschädigung oder Wegnahme der Einfriedung hervorgerufene Durchlässigkeit - ein Schaden droht oder bereits eingetreten ist.
Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn der Zaun so alt oder brüchig oder teilweise entfernt ist, dass der Nachbar das Eindringen von Tieren oder Personen zu fürchten hat, die Gefahr eines Schadens auf dem Grundstück wie z. B. durch herabfallende Mauerteile besteht oder eine Verletzungsgefahr gegeben ist.
Sollte durch den Zustand des Zaunes (fehlende Zaunfelder etc.) daher zu befürchten sein, dass Tiere oder Personen über das Grundstück des Nachbarn auf Ihr Grundstück gelangen und dadurch ein Schaden drohe, wäre der Nachbar zur Instandsetzung des Zaunes verpflichtet.
Wenn dem Nachbarn ein Verschulden am Verfall des Zaunes nachgewiesen werden kann, könnte im Falle des Eintrittes eines Schadens darüber hinaus auch Schadenersatz verlangt werden.
Unter der Voraussetzung, dass sich die Zaunpfosten auf dem Nachbargrundstück befinden und in Ihr Grundstück ragen, wäre davon auszugehen, dass dies eine unmittelbare Zuleitung im Sinne des § 364 Abs 2 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) darstellt, die ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig ist.
Soweit der Eingriff unmittelbar oder grobkörperlich ist, besteht keinerlei Duldungspflicht, weil dabei der Eigentümer das Nachbargrundstück quasi wie sein eigenes benutzt.
Dies könnte mittels Eigentumsfreiheitsklage abgewehrt werden.