Unsere Leserin hatte vor rund einem halben Jahr einen Verkehrsunfall. Die Unfallgegnerin soll gleich danach ihre Schuld eingestanden haben, doch dann lief alles anders ab als erwartet.

Jetzt wird der Fall seit Monaten über Anwälte abgehandelt und die junge Frau ist verzweifelt: Die Versicherung hat ihr wegen Verletzung des Vorrangs die volle Schuld am Unfall zugesprochen.

Ihr Versicherungsvertreter höre ihr gar nicht mehr zu, ein Anwalt, dem sie die Sache übergeben hatte, hat offenbar auch aufgegeben.

Kein gültiges Pickerl

Die Lenkerin hätte eine Teilschuld anerkannt, wehrt sich aber gegen die volle Schuld und ärgert sich darüber, dass offenbar niemand berücksichtigt, dass der Pkw der Unfallgegnerin zu diesem Zeitpunkt schon seit zwei Jahren kein gültiges Pickerl mehr hatte.

„Ich verliere durch die volle Schuld meinen Freischaden bei der Versicherung!“, beklagte sich die Frau.

Keine Mitschuld

„Wenn man davon ausgeht, dass für Ihre Leserin an der Unfallstelle eine Stopptafel gilt, sehe ich kaum Chancen für sie, ein Mitverschulden der Gegenseite geltend zu machen“, erklärte der Versicherungsexperte Reinhard Jesenitschnig.

Bei der gegebenen Konstellation wäre ein Mitverschulden der Unfallgegnerin nur gegeben, wenn dieser überhöhte Geschwindigkeit oder eine massive Reaktionsverspätung nachgewiesen werden könnte. Beide Szenarien seien aufgrund der Unfallschäden aber äußerst unwahrscheinlich.

Verwaltungsstrafe

„Das abgelaufene Pickerl ist in diesem Zusammenhang nicht relevant, es würde für die Lenkerin des Pkw eine Verwaltungsstrafe bedeuten.

Kausal wäre es nur, wenn das Fahrzeug schlechte oder untaugliche Bremsen gehabt hätte und dadurch eine Bremsverlängerung gegeben wäre, aber auch das ist hier nicht zu diskutieren, weil nicht nachweisbar und aufgrund der Unfallbeschädigungen mehr als unwahrscheinlich“, erläuterte der Experte.

Er sehe leider keine Möglichkeit, unserer Leserin zu helfen, bedauerte Jesenitschnig, beurteilte die Nachteile, die aus dem verschuldeten Unfall für die Versicherungsnehmerin folgen, aber als halb so wild: „Der Unfall würde sich zur Hauptfälligkeit im Jahr 2018 auswirken und sie käme drei Stufen hinauf. Damit wäre sie immer noch unter 50 Prozent und es hätte keine monetäre Auswirkung.“