Neulich auf der Straße ein namhaftes Mitglied der steirischen Reformpartnerschaft getroffen. Es war nicht Franz Voves und auch nicht Hermann Schützenhöfer, aber einer gleich dahinter. Auf der Straße war noch Laub und kein Schnee. Die Bezeichnung steirische Reformpartnerschaft war übrigens eine Marketing-Erfindung, aber weil die Wirklichkeit und die Marketing-Erfindung halbwegs deckungsgleich waren, fand die schönigende Bezeichnung Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Die Dreier-Allianz in Wien muss zuerst eine Sprache für sich finden und festlegen, wer man sein möchte, die Welt als Wille und Vorstellung, oder so. Und das Ding sollte bitte nicht als Zuckerl-Koalition, als Ironisierung, den schweren Gang gegen den Misstrauensvorschuss antreten.
Das namhafte Mitglied der steirischen Reformpartnerschaft blieb also kurz stehen und erzählte versonnen von früher, wie das gewesen sei zwischen SPÖ und ÖVP, wie man das Eis gebrochen habe und später das Brot zum steirischen Sauvignon im Separee der steirischen Landesweinschule. Den einen oder anderen habe man stützen müssen. Das Erfolgsgeheimnis sei nicht der Ehrgeiz gewesen, dem anderen möglichst viel abzuluchsen und hinterher die ideologischen Trophäen zu zählen, das Geheimnis sei eine Art Gleichgewicht des Schmerzes gewesen, und das ging so:
Die notwendigen Strukturmaßnahmen, die dem anderen wehtaten, die frontal in dessen Klientelherz stießen und jene, die das eigene bluten ließen, mussten einander die Waage halten. Das war oberstes Gebot. Es habe zu jeder Zeit ein Gleichstand des Schreckens, der Opfer und Zumutungen zwischen beiden Parteien geherrscht. Die SPÖ blutete zum Beispiel beim Schnitt in die Sozialhilfeverbände, die zu einer wuchernden Industrie angeschwollen waren, und die ÖVP bei der Halbierung und Zusammenlegung ihrer schwarzen Gemeinden. Die eine Maßnahme brachte 25.000 aufgebrachte Demonstranten in den Innenhof der Grazer Burg, die andere führte dazu, dass Schützenhöfer stapelweise Parteibücher der eigenen Bürgermeister als rabiate Rücksendung ins Büro geliefert bekam. Ein paar draufgemalte Kreuze und Morddrohungen waren auch darunter.
Die 25.000 Demonstranten empfingen beide Seite an Seite. Es ist möglich, dass das namhafte Mitglied aus dem inneren Zirkel beim stilistischen Ausmalen der Erinnerung ein bissl viel „Heroes“ von David Bowie gehört hat, aber im Kern hat die Erzählung schon gestimmt. Voves und Schützenhöfer treffen sich angeblich heute noch einmal im Jahr mit ihren Frauen in der Südsteiermark, nicht in der Weinbauschule Silberberg, sondern in einem der preisgekrönten Tempel oberhalb von Gamlitz. Möglicherweise auch deshalb, weil die Nostalgie schon bald der einzige Zufluchtsort sein könnte.
Ich reiche jedenfalls hiermit die Erzählung vom steirischen Erfolgsgeheimnis mit dieser Morgenpost und dem Blick hinaus auf den ersten Schnee an die Steuergruppe der Wiener Dreier-Allianz als Handlungsempfehlung weiter. Honorarfrei, weil Black Friday ist.
Herzlich,
Ihr
Hubert Patterer